Freitag, 28. Juni 2013

Die übertriebene Kontroverse um das Ende von MAN OF STEEL (!!!MASSIVE SPOILER!!!)




Knapp 1 Woche nach Kinostart in Deutschland und 2 Wochen nach US-Start spaltet der neue Superheldenfilm von Zack Snyder, "MAN OF STEEL", noch immer die Gemüter. Offenbar nehmen viele Superman-Fans (u.a. "Superman-Birthright"-Autor Mark Weid) Anstoß daran, dass wohl nicht oft genug gezeigt wird, wie Superman Menschen rettet, aber auch weil in seinem finalen Kampf gegen Zod mehrere Gebäude einstürzen und er dem Zod als letzte Lösung - in Anbetracht dessen, dass der kurz davor steht, noch mehr Menschen mit seinen Laseraugen zu rösten und allgemein einfach alle umbringen will (denn aufhalten kann ihn ja eh keiner) - das Genick bricht. Beim Anschauen des Films hatte ich damit alles andere als ein Problem. Ich fand, dass Superman im Interesse der Menschheit und in großer Dringlichkeit gerechtfertigt gehandelt hat (zudem ist es lediglich ein Film und nicht die Realität). Als ich dann aber zahlreiche Artikel auf amerikanischen Websites vernahm, in denen gerade das als ultimativer Moodkiller und Verrat am Charakter hingestellt wird, hab ich mich dann doch mal mit dieser Kritik befasst und möchte gerne ein paar Gegenargumente liefern.



Die goldene Regel besagt offenbar: Superman tötet nicht!

Das öffentliche Bild der Jahrzehnte-alten Ikone stellt ihn als einen Beschützer der Menschheit da, der mit seinen übermenschlichen Kräften einfach alle Bösen besiegen und jedes Problem bewältigen kann. Töten kommt dabei für ihn gar nicht in Frage, stellt höchstens die Ausnahme dar. Viele vergessen aber, dass er u.a. in seiner populärsten Inkarnation, der Christopher Reeve-Film-Version, auch ein paar Leichen im Keller hat. Nicht nur besiegt er den bösen Nuclear Man in SUPERMAN IV, indem er ihn in den Reaktor eines Atomkraftwerkes hineinschleudert, in SUPERMAN 2 - dem allgemein beliebtesten Film der Reihe - beraubt er am Ende der Zod-Gang ihrer übermenschlichen Kräfte und wirft sie allesamt eine tiefe Schlucht runter, auf dass sie nie wieder gesehen wurden (=tot). Die Paraleelen zu MAN OF STEEL sind unüberschaubar, doch wird der Sachverhalt in beiden Filmen wie folgt unterschiedlich behandelt:

In SUPERMAN 2 kommen General Zod und seine 2 Mitstreiter auf die Erde, um diese aus purer Machtgier zu unterjochen, die Menschheit zu versklaven. Sobald sich Ihnen aber unser Kal-El in den Weg stellt, entbrennt in Metropolis ein destruktiver Kampf zwischen beiden Parteien, der mehrere eingestürzte Gebäude (und die Freiheitsstatue im Donner-Cut), kaputte Autos & Busse fordert und viele viele Menschen in Gefahr bringt, die Superman so gut es geht zu beschützen versucht. Als er scheinbar überfordert in die Arktis zu seiner Festung der Einsamkeit flieht und ihm die Schergen hinterherjagen, trickst er diese mithilfe kryptonischer Entmachtungstechnologie aus und entledigt sich ihnen leichthändig mordend, mit seinem typisch-sympathischen Grinsen auf den Lippen. Selbst Lois Lane hilft mit und kickt Zod's Ursa auch in den Tod hinunter. Alles zum heroischen Theme von John Williams, ein weiterer Sieg für Superman!

In MAN OF STEEL wiederum kommen General Zod und ein paar mehr Mitstreiter auf die Erde, um sie mit einem Weltenwandler in eine apokalyptische Wüste zu verwandeln und jeden Menschen von ihr zu tilgen, um Platz zu schaffen für einen Wiederaufbau des Volk Krypton's. In der ersten Attacke des Weltenwandlers in Metropolis sterben schon Hunderttausende von Menschen. Kal-El's einzige Chance, dem Einhalt zu gebieten, ist den Gegenpol des Weltenwandlers am anderen Ende der Erde, am indischen Ozean, zu zerstören, um die Strömung dessen "Terraforming's" aufzuhalten. Er schafft es und fliegt zurück nach Metropolis, um Zod endgültig das Handwerk zu legen (nachdem Lois Lane und Co. schon den Weltenwandler-Pol dort in die Luft gejagt haben bzw. in die Phantom-Zone reinsaugen). Doch der gibt nicht so leicht auf und liefert sich ein bombastisches Gefecht mit Superman inmitten der vielen Trümmer und verbliebenen Gebäude Metropolis', bereit bis zum Tod zu kämpfen (auch weil Superman quasi die letzten Überlebenden Krypton's zum Ziel Zods, dem Wiederaufbau Krypton's, ausgelöscht hat), koste es was es wolle. Schließlich landen beide in einer Bahnstation, wo einige flüchtende Einwohner im Angesicht dieser kämpfenden Ausserirdischen um ihr Leben bangen. Zod sieht diese und setzt mit seinen Laseraugen an, diese zu töten, droht Kal-El, der ihn nur schwer im Schwitzkasten halten kann, die gesamte Menschheit umzubringen. Superman appeliert lautstark, dass er aufhören soll, doch Zod hört nicht auf ihn und ist kurz davor, die Leute zu grillen. Also fasst Kal-El den Entschluss, ihm das Genick zu brechen. Daraufhin bricht er selbst zusammen und stößt einen markerschütternden, gequälten Schrei aus - nicht nur, weil er gezwungen war, zu töten (und der Kampf wohl extrem angestrengt haben müsste, immerhin war es ja so ziemlich sein Erster), sondern auch weil er quasi die ganze verbliebene Gesellschaft seines Heimatplaneten (abgesehen von sich selbst und denen, die in der Phantomzone abgeblieben sind) - dessen Ursprünge er sein ganzes Leben lang zur Selbsterkenntnis auf den Grund gehen wollte, seiner Adoptivheimat Erde aber nur Pein und Zerstörung brachte - auslöscht. Lois Lane steht dem niedergeschlagenen Helden dann aber zur Seite, in der Gewissheit, dass er mit dieser Tat Milliarden Menschen vor dem Tod durch ein bösartiges Hyperalien gerettet hat.

Klingt düster und moralisch etwas vielschichtig, oder? Für viele Fans ist das offenbar Anlass zur Kritik, haben sie doch erwartet, dass IHR Superman als Ultrahero unfehlbar wäre, alles perfekt handhabt und immer einen entlastenden Spruch zum Besten gibt. Das macht natürlich auch den Charme der ursprünglichen Figur aus, muss aber nicht unbedingt mit der Neuinterpretation, dem Reboot Snyder's einhergehen, der mit seinem MAN OF STEEL erzählen will, WIE Kal-El zum Superman wird, für welche Seite er sich schlussendlich entscheidet, nachdem er sein Leben lang als Aussenseiter mit Superkräften seinen Platz in der Welt suchte. Da hat er schonmal Anlaufschwierigkeiten und steht auch zum ersten Mal einem Feind gegenüber, bei dem er erstmals richtig kämpfen muss. Und nunja, da gehen im Gefecht nun mal ein paar Gebäude drauf - in einer Stadt, die nach stundenlanger Attacke wohl größtenteils evakuiert wurde, die letzten Verbliebenen noch versuchen aus der Stadt zu entkommen (Bahnstation, ne). Wir sehen auch nie, das noch irgendjemand in den Gebäuden ist - da der Film uns das nicht zeigt, dürfen wir als Zuschauer davon auch ausgehen. Dann bringen die Fans aber das Argument, dass Superman auch hätte versuchen können, den Kampf ausserhalb der Stadt zu verlagern - eine Forderung, die wohl einerseits dem visuellen Verlangen Snyder's nach Blockbuster-förderlichem Bombast kaum gerecht werden dürfte, aber auch andererseits vergisst, dass Superman es zwischenzeitlich TATSÄCHLICH MACHT, mit Zod kurz im Weltall fightet, bevor dieser ihn dann wieder unten nach Metropolis zwingt. Und kein Wunder, dass Superman Schwierigkeiten hat, gegen Zod zu kämpfen. Der ist ja auch ein primitives Krieger-Alien mit Jahrzehnte-langer Erfahrung und Kal-El ein Grünschnabel mit humanistischen Idealen, der auf der Erde grossgezogen wurde. Wie kaum ein anderer Film dieses Jahr macht MAN OF STEEL deutlich, wer gut und wer böse ist. Und der Böse ist in diesem Fall so rabiat und blind vor Egomanie, dass der Held an seine Grenzen gebracht wird und einen für sich selbst ziemlich bitteren Schlusspunkt auf deren Kampf setzt. So eine Storyentwicklung erfordert Mut und überrascht umso mehr, dass Produzent und Storylieferant Christopher Nolan, der ja für seine grimmigen Batman-Filme mit ebenso harten Moralfragen bekannt ist, dieses Ende nie vorgesehen hatte (ursprünglich sollte Zod wieder in die Phantomzone verbannt werden). Aber so oder so haben die "Fans" wie schon bei THE DARK KNIGHT RISES wieder etwas zum Meckern gefunden, was sie anderen Filmen wiederum entschuldigen (der Mord an Zod in SUPERMAN 2 zum Beispiel). So bemängeln sie alleine schon die durchweg düstere Stimmung des Films, sowie dessen gigantischen Ausmaß an Zerstörung, die dieses Ende sogar noch mehr unterstüzen. Man kann es ihnen offenbar einfach nicht recht machen, selbst wenn Superman den ganzen Streifen über darüber sinniert, ob er seine Kräfte der Welt preisgeben soll, um den Menschen zu helfen und es schlussendlich auch on-camera tut.

Wenn's ihnen nicht reicht, schade drum. Ich jedenfalls habe einen großen, wenn auch nicht ganz fehlerfreien Film erlebt (wie ich letztens in meinem Review geäußert habe), der sich mit seinen ambitionierten Ecken und Kanten noch Wochen später in meinem Kopf festgesetzt hat. Get over it, people! Und nebenbei, fragen wir doch einfach Zack Snyder selbst: http://www.joblo.com/movie-news/zack-snyder-addresses-the-controversial-ending-of-man-of-steel-and-why-he-feels-it-worked

Freitag, 21. Juni 2013

MAN OF STEEL (Review, 2013)



 
Dieser Neuversuch des Superman-Franchises ist alles andere als scheu (höchstens im Humorbereich, gar nicht so "witzig" wie Superman 3 & 4 :P).

Zack Snyder bedient zwar eine gewisse Nolan-Template (was man im fragmentarischen Handlungsaufbau bemerkt, der mit seinen hart-geschnittenen Flashbacks und Compressed-Stroytelling Erinnerungen an BATMAN BEGINS, INCEPTION und auch RISES zu Tage fördert), kommt inszenatorisch aber ein gutes Stück verspielter, was vorallem die visuelle Ebene betrifft. Auch scheut er weder vor gar-nicht-so-subtilen Anspielungen auf den Jesus-Mythos, noch vor auch teils drastischen Bildern (Terraforming, ne) und erst recht nicht vor brachialer Überaction mit ganz ganz viel CGI und allgemein ziemlich eindeutigen Figuren und Bildern zurück. Leider hält der Film nicht ganz den emotionalen Level, den man von den Trailern erwartet hat, was aber nicht heißt, dass der Film ohne Herz wäre. Mindestens ein bestimmter Moment von Kevin Costner's Jonathan Kent-Charakter dürfte für gehörig Gänsehaut sorgen, und gegen Ende wirds auch so larger-than-life-dramatisch, dass einem schon mal der Atem stocken kann. Sowieso sollte man aber auch den Vergleich mit den Trailern vermeiden, denn viele Stellen werden nicht so ausgespielt, wie man erwartet hätte - wirkt manchmal etwas befremdlich.

Grade neben solchen Momenten überraschte mich der Film aber doch schon wieder sehr, allen voran wie akzentuiert die Sci-Fi- und Mythosebene gestaltet wurde. Das Setdesign auf Krypton und auch die gesamte Alientechnologie/Gesellschaftsstruktur hatten was von DUNE bzw. auch H.R. Giger, einfach daher wie organometallisch alles funktionierte und auch so ein Stück Mittelalteranleihen hatte. Und zusammen mit der düsteren Kamera, dem leicht synthizierten Hans Zimmer-Score und der serious-business-Story und Schauspielerei entwarf sich da eine recht schön-gloomige Atmosphäre, die schon wirklich, um es mal ganz trivial auszudrücken, cool rüberkam, mir jedenfalls imponierte. Gleiches gilt natürlich auch für den humanistischen Part des Films, u.a. darin, wie es wohl wäre, wenn auf einmal wirklich Aliens existieren würden oder auch ganz explizit, wie und ob man diese Supergaben mit der Menschheit teilt, und ob die Menschen einem dann vertrauen. Ab und an wünscht man sich auch mehr davon, insbesondere mehr von den Kents wäre toll gewesen (oder auch von Perry White und seinen Kollegen, die für ihre dramatischen Szenen gerne vorher mehr Screentime hätten haben können).

Doch mit dem, was man geliefert bekommt, kann man durchaus zufrieden sein (reichlich ikonographische Größe wird auch gebracht). Und erst recht zufrieden kann man mit dem Anteil an Action sein, der wohl alle Superman-Filme und allgemein die Blockbuster dieses Jahres in den Schatten stellt, teils so orgiastisch und apokalyptisch grimmig, inmitten ausgeballerter Wolkenkratzter, mit akrobatischen intergalaktischen Fistfights - das haut schon rein. Wie man es auch dreht, ein perfekter Film ist der Man of Steel jetzt nicht geworden - aber ein eindrucks- und stimmungsvoller Blockbuster mit impressionistischen Ambitionen, der zudem seinen Sci-Fi-Aspekt richtig überzeugt umarmt, ist er dennoch. Klare Empfehlung.

Montag, 17. Juni 2013

Overpowered Cinema - Wie der Ultrahype um "MAN OF STEEL" 2013 das Kino übersättigt







Es ist ein Jahr der Superlative - 2013. Woche für Woche laufen im Kino etliche Bombast-Streifen, Franchise-Sequels, Eventstreifen und, am erfolgreichsten, Comicverfilmungen an, die um 9-stellige Millionen- bzw. Milliardenbeiträge buhlen. Über allem hängt der Schatten des WB-Nolan-Happenings MAN OF STEEL. Nach dem Milliarden-Erfolg von THE DARK KNIGHT RISES letztes Jahr weiß man bei Warner Bros., wie man ganz große Hypes um EINEN Film inszenieren kann, dass so ziemlich das gesamte Jahr darüber gesprochen, vorgefreut bzw. Monate lang auseinanderinterpretiert wird, auch weil der Film bei Kritikern und Publikum recht gut ankam (weniger als beim Vorgänger, aber immerhin). Die anderen Mitbewerber im Kino-Business wissen um solche Monolithen (wie auch letztes Jahr THE AVENGERS) Bescheid und sind gezwungen, mindestens ebenso große Werke mit aggresivsten Marketingkampagnen durchzusetzen, dass das Publikum quasi jede Woche mit neuen Cinema-Happenings an der Stange gehalten wird - ob die Qualität ebenso stimmig ist, ist aber öfters erstmal nebensächlich.

Dabei kommen gerade dieses Jahr so viele "große" Filme zusammen, mit einem Durchschnittsbudget von 200 Mio. Dollar, dass es geradezu pervers ist. Hinzu kommt, dass die meisten davon in 3D gedreht/konvertiert, in IMAX präsentiert werden und generell die Multiplexe über die Menschheit verschütten, in die sich abermillionen Mitglieder der Spaßgesellschaft hineinstürzen. So hatten wir dieses Jahr bereits, noch vor dem eigentlichen Sommer, mit Fortsetzungen zu IRON MAN, STAR TREK, FAST & FURIOUS, STIRB LANGSAM, G.I. JOE sowie dem Remake von EVIL DEAD & dem Prequel von OZ, nicht nur eine große Auswahl an altbekannten Franchise-Geldablagen, sondern auch eine Reihe "eigenständig"-neuer "Highlight"-Titel, die ebenso den ganz großen Gewinn erreichen wollten und mal mehr, mal weniger Erfolg hatten. Unter anderem floppten die neuen, auf Nostalgie-vertrauenden, Werke von Schwarzenegger und Stallone, THE LAST STAND & BULLET TO THE HEAD, auch die Tom Cruise-Vehikel JACK REACHER und OBLIVION konnten nur wenig Begeisterung hervorrufen. Es war ja klar, dass die Studios nicht nur Gewinner ins Rennen schicken können - das dabei aber teilweise so richtige Gurken veröffentlicht wurden, gibt einem wieder mal schwer zu denken, wieviel Zynismus in den Profitmachern wirklich steckt.

Daneben hat man aber auch wieder die scheinbar-bescheideneren Indieproduktionen, die zumindest versuchen, mit eigenem Stil, ganz für sich selbst zu sein und damit überraschend gut aufzufahren, sogar echte Erfolge verbuchen können. Und ich rede hier nicht von heißerwarteten Indie-"Giganten" wie Refn's ONLY GOD FORGIVES, sondern eher von solch (finanziell) unerwarteten Erfolgsgeschichten wie Harmony Korine's SPRING BREAKERS, welcher wie kein anderer Film dieses Jahr Sleaziness und Ultrakunstrauschhaftigkeit verbindet und verzaubert. Sowieso ist für viele schon klar, dass 2013 eher die kleineren Filme gewonnen haben, länger wertvoll bleiben. Dazu gehören u.a. die PARADIES-Trilogie von Ulrich Seidl, Ben Wheatley's SIGHTSEERS, Park Chan-Wook's STOKER, Terrence Malick's TO THE WONDER, V/H/S 2, Joshua Oppenheimer's ACT OF KILLING, Lucien Castaing-Taylor's LEVIATHAN, sowie (der zugegebenermaßen etwas größere) P.T. Anderson's THE MASTER. Wie der werte Leser vielleicht bereits schon merkt, sind das auch eine Menge Titel für meine selbstdefinierte Kategorie "beste Filme" dieses Jahr, gleichsam wie bei den großen Produktionen. Zudem ist das Jahr noch nicht mal zur Hälfte um, so dass wir selbst da noch eine Menge erwarten können.

Wir haben hier also so ziemlich eine inflationäre Zelluloidmenge vor uns - für Filmfans stellt das gewissermaßen schon ein Mekka der ewigen Aufgegeiltheit dar. Die Frage ist, ob wir uns irgendwann damit zufriedengeben oder immer mehr von den Studios abverlangen, den Demand und unsere Standards so sehr hochschrauben, dass wir viele "lediglich" gute Streifen mit ebenfalls hohen Budgets abstrafen/vernachlässigen (sogar unverhältnismäßig harsche Urteile für zumindest souveräne Filme abgeben), auch weil der Output einfach zu massiv ist. Blockbuster-Pioniere Lucas und Spielberg prognostizierten ja jüngst darüber, dass auf jene Art eine Implosion des Überkinos passieren wird, aber bereits im April hatte Steven Soderbergh in seiner Rede zur Lage des Kinos beim SAN FRANCISCO INTERNATIONAL FILM FESTIVAL die großen finanziellen und vorallem kreativen Probleme in der Filmindustrie aus der Sicht eines Independent-Regisseurs umfassend geschildert:

(...) The problem is that cinema as I define it, and as something that inspired me, is under assault by the studios and, from what I can tell, with the full support of the audience. The reasons for this, in my opinion, are more economic than philosophical, but when you add an ample amount of fear and a lack of vision, and a lack of leadership, you’ve got a trajectory that I think is pretty difficult to reverse. (...) The idea of cinema as I’m defining it is not on the radar in the studios. This is not a conversation anybody’s having; it’s not a word you would ever want to use in a meeting. Speaking of meetings, the meetings have gotten pretty weird. There are fewer and fewer executives who are in the business because they love movies. There are fewer and fewer executives that know movies. (...) Well, how does a studio decide what movies get made? One thing they take into consideration is the foreign market, obviously. It’s become very big. So that means, you know, things that travel best are going to be action-adventure, science fiction, fantasy, spectacle, some animation thrown in there. Obviously the bigger the budget, the more people this thing is going to have to appeal to, the more homogenized it’s got to be, the more simplified it’s got to be. So things like cultural specificity and narrative complexity, and, god forbid, ambiguity, those become real obstacles to the success of the film here and abroad. (...) So then there’s the expense of putting a movie out, which is a big problem. Point of entry for a mainstream, wide-release movie: $30 million. That’s where you start. Now you add another 30 for overseas. Now you’ve got to remember, the exhibitors pay half of the gross, so to make that 60 back you need to gross 120. So you don’t even know what your movie is yet, and you’re already looking at 120. That ended up being part of the reason why the Liberace movie didn’t happen at a studio. We only needed $5 million from a domestic partner, but when you add the cost of putting a movie out, now you’ve got to gross $75 million to get that 35 back, and the feeling amongst the studios was that this material was too “special” to gross $70 million. So the obstacle here isn’t just that special subject matter, but that nobody has figured out how to reduce the cost of putting a movie out. (...) The other thing that mystifies me is that you would think, in terms of spending, if you have one of these big franchise sequels that you would say oh, we don’t have to spend as much money because is there anyone in the galaxy that doesn’t know Iron Man’s opening on Friday? So you would think, oh, we can stop carpet-bombing with TV commercials. It’s exactly the opposite. They spend more. They spend more. Their attitude is: You know, it’s a sequel, and it’s the third one, and we really want to make sure people really want to go. We want to make sure that opening night number is big so there’s the perception of the movie is that it’s a huge success. (...)
(Quelle mit kompletter Rede: http://www.deadline.com/2013/04/steven-soderbergh-state-of-cinema-address/)

Womit wir nun zu einigen jüngeren Beispielen der letzten Filmwochen kommen, die ganz exemplarisch die von mir oben genannten Tendenzen repräsentieren. Wir haben zum einen eine reine, aufgeblähte Franchise-Fortsetzung (die dafür gemacht ist, Millionen Menschen multiplexig einzusaugen), einen gründlich misslungenen und gefloppten Blockbusterversuch, einen relativ kleinen nostalgisch-angehauchten Actioner (der gerade so einigermaßen Erfolg hatte) und einen etwas größeren Indiefilm, der qualitativ von allen am Besten dasteht - allesamt 1-2 Wochen vor "DEM Film des Jahres" MAN OF STEEL erschienen und allesamt ganz normal aus meiner Sicht rezensiert. Warum sind meine Urteile lesenswert? Weil sie einerseits zeigen, wie und warum "große Blockbuster" kreativ oder finanziell versagen können und andererseits warum kleinere Produktionen dem Filmfan eher zusagen können und schlussendlich erfolgreicher sind. Ich garantiere nicht, dass man was Neues lernt, aber da diese Filme den aktuellen Querschnitt des Kinoprogramms darstellen, sollte man deren Qualitäten schon auf den Grund gehen, auch wie der aktuelle Filmgeschmack eines Zuschauers wie mir (Zielgruppe männlich, Alter 25 - regelmäßiger Kinogänger) derzeitig eingepegelt ist.

1. HANGOVER 3



Größtenteils leider enttäuschend witzlos - und wenn schon Gags kamen, dann waren sie teilweise so platt und zynisch, dass sie bei mir so gar nicht zünden wollten (das Rest-Publikum lachte wie schon bei "VOLL ABGEZOCKT" vom selben Drehbuchautor über ALLES). Im Vergleich zu den Vorgängern auch mit einer gar nicht so unterhaltsamen oder gewitzt-getricksten Handlung versehen, hier sogar einige richtig dick-vorhersehbare Plotpoints und Klischees bedienend (allen voran die stumpfe Charakterentwicklung Alan's). Aber ganz nebenbei beweist Regisseur Phillips ein Faible für das Crime-Thrillergenre und kann sogar ab und an ein bissl Tension erzeugen. Und eine Handvoll guter Gags gab's dann doch noch, neben der souveränen Kameraarbeit und dem modern-dramatischen Score. Ein fulminanter Trilogie-Abschluss sieht aber anders aus.


2. AFTER EARTH



Das letzte Mal, dass ich eine so verhunzte und langweilige Millionenproduktion gesehen habe, war GHOST RIDER 2. Es handelt sich hier um einen Film, dessen explizites Ziel es ist, Emotionen abzuschalten (um somit ein besserer Krieger zu werden) - der "Spannungsbogen", der sich dadurch "ergibt" ist so wirkungshemmend wie nur möglich, es wird einfach nur stetig kälter. Hinzu kommt, dass Shyamalan seinen Film so lust- und einfallslos geradlinig gestaltet, dass es teils fast schon einem Stillstand gleichkommt, auch weil die beiden Hauptcharaktere, Will & Jayden als Cypher und Kitai Raige (sic!), null Charisma besitzen. Smith Jr. (dem dieser Film als Star-Vehicle gewidmet wurde, trotz auffällig fehlendem Talent) gibt den armselig-weinerlichen Versager, der alle 100 Meter einschläft oder betäubt wird, Smith Sr. den abgehärteten, stoischen Militärheini, der nur bruchstückhafte Phrasen zum Besten gibt, mit gebrochenen Beinen im Schiffswrack rumlungert und seinem Sohn von dort aus Anweisungen zulabert. Den Film über erleben wir, wie Kitai von Punkt A nach Punkt B kommt, er muss nämlich einen Sender suchen, und SPOILER er findet ihn. Dabei muss er seine Furcht gegen ein fieses Monster besiegen, denn das Monster erkennt Menschen an seiner Furcht, aber er schaft es, diese auszuschalten, denn "Furcht ist eine Entscheidung."...and that's the whole story...SPOILER ENDE - das Ganze ist so unspektakulär und frei von jeder Persönlichkeit inszeniert, dass es kein Stück funktioniert, bei seiner Langsamkeit versucht der Film nichtmal sowas wie Impressionismus. Man erwischt sich selbst viel zu oft dabei, wie man das Geschehen und/oder die Dialoge auf der Leinwand belächelt (angefangen beim unfassbar hingeschluderten Intro). Einzig der Soundtrack, der mit seinen verstörten Klängen eine gewisse Spannung künstlich erzeugen will, hat einige qualitativ gute Momente zu bieten, wird aber im nächsten Moment gleich wieder vom Rest des Films negiert. Das gilt leider auch für das bestimmt nicht unaufwendige Design des Settings und dessen Props, die an sich von ihrer Funktionalität her recht interessant wären, aber kaum genutzt werden. Handtechnisch ist der Streifen einfach so richtig verunglückt, erfüllt höchstens das Minimum an modernem "Blockbuster"-Kino, versucht sich auch selbst mit halbherzigen Jumpscares wachzuhalten und wurde offensichtlich mit Müh und Not zurechtgebogen (man bemerke einige recht auffällige "falsche" Zeitlupen, die das Fehlen von nötigem Material signalisieren). Immerhin kann man ein paar unfreiwillige Lacher verbuchen, aber das ist der ganze Film einfach nicht wert, da er sich die Laufzeit über freiwillig selbst abschaltet.


3. OLYMPUS HAS FALLEN



Ein Film aus den 90ern - transformiert in die Jetztzeit: Auf einer Stirb-Langsam-Schablone nachgezeichnet; voller inhaltlicher und dialogtechnischer, lachhafter Klischees; mit GIGANTISCHEM Patriotismus ähnlich eines Vorbehaltfilms (u.a. Melissa Leo's Rolle: OMG!) und knallender Gewalt ständig aufgegeilt pumpend (wozu der Bombast-Score auch seinen Teil beiträgt); Ultra-Schwarz-Weiß-Zeichnung XL Turbo; ein Held im Weissen Haus, der seinen Feinden markige Sprüche, Fäuste, Messer und Kugeln entgegensetzt; Veteranen wie Ashley Judd, Morgan Freeman, Angela Bassett und Robert Forster; klobige CGI-Effekte aufgrund fehlendem Budgets - alles so souverän zusammengepackt mit einer neumodern-inszenatorischen Rasanz (shakey-cam und fast edits inkl.) und Ironiefreiheit, dass man blendend von Anfang bis Ende unterhalten wird (vorallem, wenn man ähnliche Filme von damals, wie "ALARMSTUFE: ROT 1+2", gerne im Regal stehen hat). Teilweise geht's auch richtig ruppig zu, mit Schottensympath Gerard Butler als McClane-esquer Superagent, der seinem nordkoreanischen Terroristenfeind ein ganz schönes Dorn im Auge ist, inkl. harter Körperkloppereien und Genickbrüche. Vieles in diesem Film hat man schon tausend Mal gesehen, aber ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich mir seit langem mal wieder so einen toll-doof-harten Actionfilm gewünscht habe. Suck on that, STIRB LANGSAM 4+5!
P.S.: Vor dem Hauptfilm lief bei uns auch der Trailer zu WHITE HOUSE DOWN. That's comedy!


4. THE PLACE BEYOND THE PINES



In der Sneak im O-Ton gesichtet. Das neue Werk vom BLUE-VALENTINE-Regisseur Derek Cianfrance. Ein Generationen-übergreifendes Crime-Drama-Epos, erzählt in 3 starken Kapiteln, die jedes für sich selbst einen Top-Streifen ergeben würden, natürlich trotzdem stark ineinandergreifen. Es geht um Verantwortung, um die Sünden der Väter, um Schuld und Gerechtigkeit, history repeating itself. In einer allein schon audiovisuell stark mitreißenden Form, bleibt der Film trotz seiner 2 "Neuanfänge" pro Kapitel stets spannend, tragisch und bitter - auf das Tränen kullern werden. Ebenso mächtig: das Darsteller-Ensemble, dass so authentisch wie nur möglich daherkommt. Selbst Gosling's Filmbaby überzeugt auf ganzer Linie! - Das Einzige, was man an dem Film bemängeln könnte, ist, dass sich jedes Kapitel des Films fast schon immer von Neuem aufbaut und dadurch alles länger wirkt als die tatsächlichen 140 Minuten Laufzeit. Das passt von der Struktur her eher zu einer Miniserie, machte mir allerdings nicht soviel aus - ich denke, es wurde alles gut ausbalanciert, obwohl's anfangs natürlich etwas gewöhnungsbedürftig war. Der Film ist zwar in der Form sehr eigen, hat aber richtig was auf dem Kasten - Cianfrance steckt da soviel Persönlichkeit rein, das hat schon Größe. Kommt höchstwahrscheinlich in meine Top-10 dieses Jahr.


(Und als Bonus, weil ich ja nicht wirklich zur Zielgruppe gehöre, noch ein Totalausfall, den ich diese Woche erlebt habe:

SEELEN



Wie kann ein moderner Sci-Fi-Film noch blasser sein als AFTER EARTH? Ein fehlender Spannungsbogen und inhaltlich/stilistisch-ziellose Langeweile sind da mal ein guter Anfang. Dann aber kommt hinzu:

1) die Hauptdarstellerin nervigste innere Monologe ad absurdum führen lassen (weil die Aliens ja die Körper der Menschen in diesem Film in Besitz nehmen, deren Seelen aber mit drin behalten) alà "Mach das nicht!", "Na toll! Jetzt sitzen wir in der Tinte...", "Hey, das ist mein Freund, den du da küsst! Gott...", was so überhaupt nicht funktioniert, sogar mega anstrengend ist - selbst die romantischen Szenen werden ständig von dieser penetranten inneren Stimme unterwandert;

2) höchstens zweckmäßige, einfallslos-glatte Sets verwenden, wie z.B. eine Höhle (in der der Film zu 75% spielt), die aussieht wie aus einer Wildwasserfahrt;

3) die Hauptprotagonistin eine unglaubwürdige Drei-(oder Vier?)-ecksbeziehung führen lassen (ohne jegliche Chemie zu ihren austauschbaren Partnern, versteht sich), die sich hauptsächlich durch massenweise Kuss-Szenen definiert;

4) Anleihen an der Mormonen-Religion zelebrieren (Stephenie Meyer hat's immerhin geschrieben), mit rechtschaffenen, in Höhlen zurückgezogenen Siedler-Überlebenden namens Jebediah und co., die mithilfe von Spiegeln Getreide anbauen (so kommt die Sonne in die Höhle rein) und die Frauen quasi nix machen lassen, während die starken Männer todesmutig in die Aussenwelt fahren müssen, um dort Lebensmittel zu schnappen;

5) einen relativ guten Soundtrack komplett aufgesetzt wirken lassen, weil der Inhalt des Films kaum der "gehörten" Größe entspricht

und 6) so gelangweilt inszenieren und schauspielern, dass selbst ein sehr eintöniger William Hurt, eine bemüht-kalte Diane Krüger und eine sichtlich unterforderte Saoirse Ronan nichts retten können.
Und das alles von GATTACA-und-zuletzt-IN-TIME-Regisseur Andrew Niccol. Was hat der Mann abgebaut...

PLUSPUNKTE gibt's für 4 gute Szenen:
1) Der erste Einsatz der Alien-"Seele" in Ronan's Körper, sehr schwelgerisch inszeniert mit schöner Musik.
2) Das Gespräch zwischen Ronan und ihrem Bruder unterm Glühwürmchen-"Sternenhimmel". Hatte ein bisschen Herz.
3) SPOILER Diane Krüger bekommt ihre Alien-Seele rausoperiert und wird unter Tränen wieder zum Menschen.
4) TOP SPOILER Der Cameo-Auftritt von Emily Browning <3 p="">
Insgesamt: Fassungslosigkeit deluxe. Ab und zu unfreiwillig komisch, aber insgesamt ein inszenatorischer Totalausfall, dessen Story und Charaktere recht müde machen - mit einigen guten Ansätzen, die vom quälensten Voiceover der Filmgeschichte überschattet werden.)


So, ihr könnt mich für diese Reviews meinetwegen für einen bemühten Nerd oder sonstwas halten, aber Fakt ist, so wie ich das unter Freunden/Bekannten und einschlägigen Internetportalen & Nachrichtendiensten beobachtet habe, dass all diese Meinungen nicht von mir allein geteilt werden. Und ich wette mit euch, dass ich nicht der Einzige aus dieser Zielgruppe bin, der sich auf MAN OF STEEL freut, der Film, der sie ja alle übertreffen soll, wie uns Warner glauben lassen will. Ob sich dies bewahrheitet, wird sich innerhalb dieser Woche ja zeigen. Aber die Frage, die sich mir recht dringend stellt, ist, ob danach die Luft raus ist aus dem Kinojahr, zumindest für die meisten Zuschauer - ob man sich dann überhaupt auf noch Besseres freut, auch weil die Studios auf ihre Filme "danach" noch ziemlich verhalten wirken bzw. ihre Kräfte für ihre "besten" Produkte für dieses Jahr schon längst aufgebraucht haben, wie es scheint. Werden wir uns als Zuschauer wirklich nur noch lediglich von Blockbuster zu Blockbuster, von Fortsetzung zu Fortsetzung hangeln, ohne uns überraschen zu lassen, sogar einzigartige Filme fallen lassen, wenn sie überhaupt noch finanziert werden, wie Lucas, Spielberg und Soderbergh prognostizieren?

Ich für meinen Teil weiß, dass ich mich sowohl natürlich auf die guten, großen Blockbuster freue, als auch auf die "Nischentitel", die sich von der Norm abheben und die wahren Innovatoren darstellen. Ich weiß eben nur nicht, ob der Rest des Publikums mitziehen wird, denn bei jedem von ihnen (bzw. uns) werden die Ansprüche größer und größer, allgemeintauglicher, Spaß- und Spektakel-fixierter. MAN OF STEEL, die mit über 200 Mio. $ budgierte Superheldencomicverflimung in 3D und IMAX, hat ja nach nichtmal einer Woche international schon über 196 Mio. $ eingespielt und steuert schon jetzt, wie DER HOBBIT und IRON MAN 3 dieses Jahr, auf eine solide Milliarde zu. Mal sehen, wie viele Filme es 2013 auch noch schaffen.

Erinnert ihr euch noch an die Zeit, als TITANIC's Budget von 200 Mio. $ eine nie dagewesene, beeindruckende Einzigartigkeit war, "der teuerste Film ALLER ZEITEN"? Das ist erst 15 Jahre her...wie sich die Zeiten doch ändern.



(P.S.: als Extra-Service, hier mal die Filme, auf die ich mich NACH MAN OF STEEL noch freue: WORLD WAR Z, THE GRANDMASTER, ONLY GOD FORGIVES, PACIFIC RIM, WOLVERINE, THIS IS THE END, THE WORLD'S END, ELYSIUM, PAIN & GAIN, WHITE HOUSE DOWN, 2 GUNS, GRAVITY, 00 SCHNEIDER 2, NYMPHOMANIAC 1, OLDBOY U.S., THE WOLF OF WALL STREET, SNOWPIERCER - gibt eben doch noch genug zum Vorfreuen, aber ich denke es fällt auch auf: alles potentielle Blockbuster bzw. Filme von bekannten Leuten - soviel dazu ;D)