Mittwoch, 3. September 2014

TURTLE POWER: THE DEFINITIVE HISTORY OF THE TEENAGE MUTANT NINJA TURTLES (2014) Review




Was kann man als Fan dieser langjährigen Marke von einer Dokumentation darüber eigentlich überhaupt erwarten? Wer bis hierhin nämlich den Turtles treu geblieben ist - und ehrlich gesagt, ist jene Angelegenheit hier für niemanden sonst gedacht -, würde doch vorallem eine Nostalgie-fokussierte Bestätigung für die Popularität des Ganzen aufnehmen wollen. Genauso läuft dann auch das Gebotene in gängigster Doku-Feature-Form ab, von der Origin der Comics über die Lizenzierung als Cartoons und Spielzeuge bis hin zu den Verfilmungen (Teil 1 im Mittelpunkt), weiteren Lizenz-Verkäufen, den Live-Shows und Hurrah-Meinungen enthusiastischer Nerds - alles umspannt von diesem allgegenwärtigen Pathos fürs Selling-Out, Kommerzialisieren und Bewerben, aus dem der weltweite Kult für vier grüne Mutanten entstand, eskapistische Fantasien anspornte und aus der Laune des Franchising heraus immer mehr irre Auswüchse der ursprünglich als kleines (und doch schon von Anfang an größer als die Konkurrenz gedruckten) Schwarz-Weiß-Comic gedachten Idee hervorbrachte.


Regisseur Randall Lobb setzt auf eine pure Erfolgsgeschichte, die ganz methodisch und kontinuierlich die Wege dorthin erklärt und seltene, doch ausnahmslos fröhliche Behind-the-Scenes-Einblicke gewährt. Eben eine gefällige Retrospektive, die dem Zuschauer die Talente hinter ihren Kindheitserinnerungen wie bei einer Convention ins Lampenlicht stellt und sie mit den Toys ihrer Charaktere spielen lässt - Weltbewegendes erfährt man natürlich nicht, doch das Wiedersehen muss reichen. Solche Segmente aber, die den Grundtenor des Films beherrschen, machen 'Turtle Power' zu einer ausgesprochen leeren Erfahrung, da der bekannten Chronologie der letzten Jahrzehnte größtenteils keinerlei neue Facette verliehen, nur eben gezeigt wird, wer alles mitgemacht hat (mit glattgebügelten Happy-Anekdoten schon schmieriger Marketingchefs) und dass so alles ziemlich problemlos geklappt hat (um das mal zu relativieren) - nicht gerade packend oder erhellend.


Erst, wenn's um die Verfilmung Steve Barrons aus dem Jahre 1990 geht, werden vorallem technische Hürden deutlich, die sogar mit Deleted Scenes und Outtakes beleuchtet werden, die man gerne auf der regulären Heimkino-Variante des Films begrüßt hätte - endlich mal ein bisschen Drama im ganzen Gefüge, aber wie wir alle wissen, ging es ja gut aus, die Sache wurde ein Hit. Aber bei all dem vergisst 'Turtle Power', wirklich an den Kern dahinter zu kommen, warum Kids und Erwachsene in der ganzen Welt überhaupt drauf angesprungen sind. Waren die Helden so außergewöhnlich im Look, funktionierte das Brüder-Bonding so ausgezeichnet-nachvollziehbar oder doch eher nur die Marketing-Kampagne? Lobb zeigt schlicht die glänzende Oberfläche, lediglich die Zusammenarbeit, Kameraderie und schließlich künstlerische Trennung der Erschaffer Eastman & Laird wird ab und an als wohlwollende Erinnerungen Geschäfts-schlauer und sympathischer Jungs geschildert.


Viel mehr haben sie aber offenbar nicht zu erzählen, außer von welchen Quellen sie sich inspiriert haben lassen, wie ernst sie trotz der Dusseligkeit der Ursprungsidee ihre Sache nahmen und wie überrascht sie über den Erfolg waren, obwohl sie natürlich durchweg am cleveren Verkauf des Konzepts arbeiteten. Was bleibt ist Ernüchterung, nicht weil man als Fan beim Einblick der Hintergründe desillusioniert wurde, sondern weil man trotz des ungehaltenen Zugangs nur das gesagt bekam, was man sich auch selbst zusammenreimen könnte, nur eben mit diesem kommerziell glatten, harmlosen Gloss (selbst ein Mittelfinger Eastmans im Archiv-Footage wird geblurrt) - recht erwartbar für so eine seit Jahrzehnten muhende Cashcow, immerhin ist 'Turtle Power' auch ein Tie-In für den neuen Turtles-Spielfilm von Jonathan Liebesmann, da ist ja Offenheit wohl schon von Vornherein verbannt. So eine nostalgische Verblendung könnte man ja noch verkraften, wenn die wirkliche Lust auf Turtlemania hier aber wenigstens richtig zelebriert werden und nicht stattdessen mit einem sentimentalen Popsong um Profundität betteln würde. Aber vielleicht habe ich auch nur zuviel als Fan erwartet, mehr zu bekommen als das, was ich schon längst alles weiß. Der Unterhaltungsfaktor kann hier also je nach Zuschauer variieren, aber es bleibt doch so oder so recht viel Luft nach oben übrig, wie auch immer die aussehen mag.


4/10


Als Bonus ein Mini-Screenshot aus dem Film vom Turtles-Kissen, das ich bis heute auch habe:


Sonntag, 24. August 2014

"LASS JUCKEN! - DIE KUMPELFILME DER 1970er" - jetzt auf amazon.de erhältlich

Es gibt wieder mal interessanten Lesestoff zu begutachten, anhand des neuen Buches von Martin Hentschel, in welchem er sich mit den berüchtigten Milieu- und Erotikfilmen aus dem Ruhrpott basierend auf den Romanen von Hans Henning Claer, 'LASS JUCKEN KUMPEL! 1-5', beschäftigt. Enthalten sind dabei nicht nur bisher unveröffentlichte Hintergrundinformationen und Behind-the-Scenes-Fotos zu jedem Film der Reihe, sondern auch intensives Schreibgut zu einigen Spin-Offs des Kumpelkults sowie ausführliche Bio- und Filmographien der beteiligten Casts & Crews, inkl. einem speziellen Kapitel zur 'LIEBESGRÜSSE AUS DER LEDERHOSE'-Reihe, deren Wege sich einst mit denen der 'KUMPELS' kreuzten. Und wenn das nicht schon genug ist, hat Christian Witte auch noch ein Kapitel über sogenannte 'FALSCHE KUMPEL', also über tatsächliche Rip-Offs der Serie, beigesteuert, in dem er diese vollmundig auf ca. 40 Seiten analysiert. Das alles und noch viel mehr bieten die insgesamt 364 Seiten geballte Schmuddelfilm-Retrospektiven-Power als voll ausgestattetes und möglichst lückenloses Nachschlagewerk für den lesefreudigen Film- und Genrefreund - der beste Kumpel für Ihr Bücherregal!

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Sonntag, 18. Mai 2014

EIN MANN WIE SPRENGSTOFF (THE FOUNTAINHEAD, 1949) Review




Ayn Rands asoziale, verschleiert-antikommunistische Propaganda mit dem 'objektiven' Drang zur Egozentrik zu ertragen, ist an sich schon ein starkes Stück. Dass dieselbe Kälte jener dort innewohnenden, enthumanisierten Individualität, trotz in-your-face-penetranter Präsenz anhand des subtextfreien Dialogs, in filmische Stärke umgewandelt werden kann, ist eine beachtliche Leistung von Regisseur King Vidor. Zusammen mit den Kompositionen von Max Steiner versucht er soviel Herzensstärke in seine misanthropen Protagonisten zu stecken, dass man eine deutliche Diskrepanz emotionaler Auffassung zwischen Buch & Regie verspürt. Inszenatorischer Enthusiasmus für die glatteste Variante modernen Kommerzialismus unter dem Mantel künstlerischer Integrität - allzu bezeichnend und dennoch widersprüchlich für die berechnende Leidenschaft des Eigennützigen im Narrativ.


Wo Gemeinnützigkeit zum Konformismus/Faschismus klischeehaft-bösartig stilisiert wird - die Starrköpfigkeit des Individuums allerdings ironischer Weise ebenso faschistisch und militant gegenüber dem 'ideologischen Feind' und etwaigen, unentschlossenen 'Verrätern' erscheint, was sicherlich nicht im Sinne Rands war und besonders zum Ende hin in weltfremder Naivität gipfelt. Industrieller Darwinismus als klassisches Melodram voller selbstgerechter, unantastbar-kritikresistenter Eigenbrötler. Eine emotionale Disharmonie, die nicht wirklich mit der Essenz der Vorlage einhergeht und dementsprechend schwierig bei jener Zuschauerschaft ankommt, die anderer Meinung ist. Für Rand-Fans ist THE FOUNTAINHEAD sicherlich ein zelebrierendes Mekka. Können diese auch weiterhin eigennützig für sich behalten und genießen - ich persönlich halte so eine Abgrenzung vom Humanitären für zweifelhaft (und in der realistischen Konsequenz für unproduktiv/stagnierend, so völlig ohne demokratischen Konsens und ignorant gegenüber sozialen Nöten & Wünschen, speziell im Beruf des Architekten).


Individualität ist ohne Zweifel ein wichtiger, menschlicher Wert und vor allem als Künstler kann und sollte man es nicht allen recht machen, stattdessen für sich selbst einstehen, um persönliche Erfüllung zu erreichen. Doch wie der menschliche Faktor des Schaffens hier eliminiert wird, zugunsten von schlichter Praktikabilität und Exklusivität, macht einen recht bitteren Eindruck. Dass aus solch einem Gedanken dennoch ein derartig aufstrebender und virtuoser Film entstanden ist, schneidet sich noch tiefer in den logischen Widerspruch von Rands Thesen ein - dafür kann man Vidor wirklich schätzen, mit welcher Subversivität er uns ihre Ideologie unattraktiv macht und eher den Drang zu wahren Gefühlen suggeriert, selbst wenn der Inhalt gegen diese spricht. Weit wirksamer erscheint mir aber die Variante, mit der man heute eventuellen Besserwisser-Verfilmungen von Rand-Stoffen wie z.B. ATLAS SHRUGGED entgegenkommt: einfach ignorieren. Wer nämlich derartig auf künstlerisches Exil vom Menschsein pocht, sollte es ruhig erhalten dürfen.

Sonntag, 4. Mai 2014

DIE HEIMLICHEN WUNDEN komplett auf Youtube!






Mehr Informationen zum Film unter: http://gufilm.de/die-heimlichen-wunden/

DER UNENDLICHE PLANET - der neue Kurzfilm von Christian Witte

JETZT ERHÄLTLICH ON DEMAND:


TRAILER:



 

KURZINHALT:

Ein von seinen letzten Lumpen umhüllter Mann bahnt sich seinen Weg durch die verdorrte Landschaft. Umringt von Tod, Verderben und endloser Leere sind ihm nur noch Erinnerungen der Lebendigkeit geblieben. Diese sind die entscheidenden Antriebskräfte für seinen mühsamen Treck durch die glühende Einöde. Wann er sich auf die Reise machte, weiß er nicht mehr. Es spielt auch keine Rolle.

Mit dem Drang nach dem letzten, persönlichen Glück im Herzen durchlebt er sodann die allgegenwärtige Furcht vor der böswilligen Flora & Fauna, die in den letzten Winkeln des Planeten zur giftig-allesfressenden Lebensform herangewachsen ist. Schließlich eingekesselt und gelähmt von der erbarmungslosen Naturgewalt scheint sein Körper verloren, doch da erblickt er am Horizont eine Vision seines Ziels. Ist dies ein Hoffnungsschimmer der Erlösung oder nur eine verblendende Ablenkung?


POSTER:



PRESSKIT:

Unten erhaltet ihr einen Link zu unserem Presskit - dort sind enthalten: Das PRESSEHEFT zu DER UNENDLICHE PLANET sowie Screenshots, Trailer und Plakate (ca. 60 MB).

Presskit-Download auf dropbox

Freitag, 14. Februar 2014

DAS HERZ DER KÖNIGIN (1940) Review




Carl Froelich, ab 1939 Präsident der Reichsfilmkammer in Nazi-Deutschland, geht in diesem anti-britischen Kostümdrama schon zu Beginn in die Vollen, mit in Schönschrift verfassten Bücherseiten, welche die Geschichte um Maria Stuart und Elisabeth I. wie folgt zusammenfassen: "Die Königin von Schottland Maria Stuart hatte ihre Kindheit in Frankreich verbracht und war erst nach dem Tode ihrer Eltern in die Heimat zurückgekehrt, um den schottischen Thron zu besteigen. Die Königin Elisabeth von England aber verfolgte Maria Stuart mit Eifersucht und Hass. Sie versuchte, das schottische Volk durch Intrige und Bestechung gegen seine angestammte Herrscherin aufzuwiegeln..."

 
Fortan erleben wir das schicksalhaft-gnadenlose Tribunal der Maria Stuart und einen extensiven Rückblick darauf, wie sie in Schottland mit anfänglichen Schwierigkeiten Fuß fasste. Da kommt sie aus Frankreich rüber und schwärmt sodann als neue Herrscherin von ihrer 'Heimat': "Ich weiß, Schottland liebt mich nicht, aber ich liebe Schottland...die dunklen Berge, die weiten Täler, die Stimmen aus den Wäldern, der Wind im Meer. Es ist unser Land, wollen wir es nicht gemeinsam lieben?", woraufhin sich das Hofpersonal und die betont-patriotischen Offiziere ("Schottland braucht einen Schotten!") ergiebigst vor ihr niederknien. Viel platter kann man nicht auf die Blut & Boden-Tränendrüse drücken und dabei idealisierte Analogien zu Hitler's Machtergreifung ziehen - erst recht, als das Volk zur Ankunft seiner Regenten ausschließlich rechte Arme umherwedelt.


Ohnehin arbeitet der Film damit, den überbordenden Patriotismus der Schotten als Gleichnis für das deutsche Volk zu projizieren, während die imperialistischen Briten als diktatorisch-verräterische, einseitige Antagonisten wirken. Blanke Ironie macht sich dabei breit, wenden die Royalisten des britischen Königreichs hier doch Methoden und Mentalitäten an, die ganz harmonisch mit denen der Nazis einhergehen, ähnlich wie in Max W. Kimmichs (ein Schwager Goebbels) 'MEIN LEBEN FÜR IRLAND' (1941). "Die Regierung ihrer Majestät nimmt an dem unglücklichen Schicksal der Angeklagten aufrichtigen Anteil. Die Regierung ihrer Majestät ist jedoch entschlossen, auch in diesem Falle den Gesetzen ihrer traditionellen Politik zu folgen, der europäischen Moral zu dienen und die Macht des Königreichs zu stärken.", entscheidet da der oberste Staatsgerichtshof der Briten, während Königin Elisabeth mit scharf-rollendem R Hinrichtungen austeilt, sich kaltherzig über die Liebe Marias mockiert.

 
Nun könnte man als objektiver Zuschauer diese schnell-durchschaubare, lächerlich-propagandistische Ader außer Acht lassen (auch wenn dies aufgrund ihrer Aufdringlichkeit kaum möglich scheint) und 'DAS HERZ DER KÖNIGIN' als reines, klassisches Melodram mit feministischen Aussichten erfassen. Stil & Gestaltung geben da eine kurzweilige, wenn auch arg formelhafte Einheit ab und liefern einige spannend-ausgeleuchtete, stimmungsvolle Bilder (mein Favorit: die Nahaufnahmen von Lady Johanna), inkl. detailliertem Produktionsdesign. Dagegen wirkt allerdings gerade Zarah Leander in der Rolle der Maria Stuart als mittelschwere Fehlbesetzung, wirkt ihre Schauspielkunst hier doch unbeholfen, wenn auch sichtlich um Verschmitztheit bemüht und wird dabei stets vom Talent ihres charmanten Gegenspielers Willy Birgel und insbesondere von Lotte Koch an die Wand gespielt.


Addiert man dazu noch ihre befremdlich-eingestreuten und in der Konsequenz unfreiwillig komischen Gesangseinlagen, die inmitten des neblig-finsteren Ambientes mit schmalzigen Pomp die Stärke des Herzens besingen, bleibt die angestrebte Stärke schon halbwegs auf der Strecke. Sowieso verlässt der Film im Verlauf allmählich die Spannung seines historischen Kontext und konzentriert sich bloß auf die bedingt eindringlichen, weil oberflächlich konstruierten Liebesleiden der Maria Stuart - belangloser Kostümkitsch ist die ernüchternde Folge. Und dennoch kommt man nicht umhin, für ihre Figur oder besser gesagt für Zarah Leander Mitleid zu empfinden, so wie sie drollig-bemüht kindliche Tränen vergießt - wie bezeichnend für ihre Rolle, die von ihr mehr auszufüllen verlangte, als dass sie im Stande war darzustellen, wobei ihr das mäßige Skript und die unentschlossene Inszenierung offensichtlich ebenso wenig Raum zum Entfalten gaben. Ein verdienter Misserfolg.

 
4,5/10

Montag, 27. Januar 2014

Wiederentdeckung des Kinos im LONE RANGER




Im August 2013 schrieb ich zu Gore Verbinskis LONE RANGER:

"[...] Lone Ranger ist für einen Familienfilm nicht nur ausserordentlich drastisch-naturalistisch brutal, bizarr und von einer unheilvollen Stimmung beherrscht - er ist zudem noch eine schmerzhafte, herzbrechende Abrechnung mit dem Genozid an den Ureinwohnern Amerikas durch abgrundtief-eklige Silberfanatiker und Südstaatensoldaten, welche in dieser Form wohl schon seit Langem nicht mehr so hautnah und kraftvoll vermittelt wurde, erst recht nicht in (vermeintlichen) Blockbusterstreifen wie diesem.

Umso mehr freut man sich dann, wenn Tonto für sein geschlachtetes Volk mit Hilfe des Rangers zurückschlägt und ein akrobatisch-gewitztes Train-Chase-Finale entfesselt, dass in seiner Greenscreen-Künstlichkeit zwar nur bedingt mit den Kunststücken eines Buster Keaton und seines "Generals" mithalten kann, dafür aber eine zelebröse Katharsis gegen die xenophob-fatale Finsternis unter dem Gebrüll der Wilhelm-Tell-Overtüre abliefert, die beinahe so befreiend und verspielt wirkt wie die besten Momente vom anderen großen Revisionismus-Western diesen Jahres, DJANGO UNCHAINED.

Nebenbei liefert Gore Verbinski auch sowieso einen stilsicheren, klassischen und recht harten Western ab - mit malerischen Canyon-Panoramen, Morricone-artigen Wehmuts-Score, Saloons, Banditen, Eisenbahn-Hype, korrupten Unternehmern, Indianerweisheiten und Flashback-Strukturen, die ohne Zweifel an Leone's SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD (Tonto's Origin-Story) und ES WAR EINMAL IN AMERIKA (die Rahmenhandlung vom alten Tonto, der einem kleinen Jungen von seinen Abenteuern erzählt) angelehnt sind.[...]"

 
Vor kurzem habe ich nochmals diesen (vorallem von Kritikern) verschmähten, großen Kassenflop von Gore Verbinski gesichtet, der sich für mich dieses Mal noch viel mehr wie das letzte Hurrah des amerikanischen Eskapismus-Kinos anfühlte - in seinem exzessiven Budget für die ganz große Unterhaltungs-Palette (womit das Filmemacher-Team ganz im Sinne der Sensationsschausteller, welche sowieso durchweg einladend im Film vorkommen, an die Reizorgane des Zuschauers appellieren will), seinem Panoptikum aus Verbeugungen vor allen Inkarnationen des Western-Genres und seiner Erzählstruktur, die sich durch ein niederschmetterndes, bitteres Tal der Tränen kämpfen muss, um zum Finale dann doch noch einmal die große befreiende Power des Kinos auf dem Walküren-Ritt loszulassen.


Allerdings auch mit einem Ansatz der Hoffnung, eben endlich aus jener Finsternis des modernen Blockbusterkinos zu entkommen und wieder beherzt-liebenswerten, gewitzt-freudigen Spaß zu haben. Die stärkste Szene, welche genau diese Mentalität am Konzentriertesten und Ergreifendsten in die Seele schlägt, befindet sich überraschenderweise im Abspann, welcher zuerst im Dunkeln durch ungestüme, brutal-ehrfürchtige Wellen des Scores reitet und sich dann wie aus dem Nichts in einer malerischen Aussicht auf die uralten Canyons wiederfindet, wo der ebenso uralte Tonto, der schon soviel in seinem Leben erlebt, gesehen und verloren hat, ein fester Bestandteil dieser Landschaft geworden ist - nachdem er in der Rahmenhandlung des Films seine Geschichte vor einer plakativ-künstlichen Kulisse/Hülle dieses Ambientes erzählen durfte -, sodann bis zum Horizont voranschreitet.

 
Findet er hier sein gewisses Schicksal, sprich sein Ende, oder doch seinen seligen Frieden, die entgegenkommende und umarmende Heimat, mit der er sein spannendes und aufregendes Dasein geteilt hat und auf die wir alle auch seit Ewigkeiten hinaufblicken, bis zum jetzigen Moment: die Leinwand, das Kino, der ewig währende Zauber, eingefangen in einem uramerikanischen und ur-cineastischen Panorama, unterstrichen von den bittersüßesten, elegischsten und einfühlsamsten Tönen, die Hans Zimmer seit gefühlt 'True Romance' schrieb. Der vorherrschende Pioniergedanke im Film, der sich durch korrupte Machenschaften der Bösewichte im frischen, wilden Amerika ausdrücken soll, kann insofern auch erst im Einklang mit dem Alteingesessenen, der Natur, sprich dem guten Geist wirklich gelingen - ein wahrhaftig kraftvolles Statement und eine tief-einschlagende Liebeserklärung an das klassische Kino. Wie konnten das nur so wenige erkennen?

Oh, wie mir die Tränen flossen. Ich wünschte, ich könnte den kompletten Abspann hier jetzt verlinken. Das Beste was ich da finden konnte, war dieses Video hier ohne das vorhergehende, finstere Schwarz am Anfang der Credits - hoffe aber, dass man meine Gedanken da trotzdem irgendwo nachvollziehen kann. Ansonsten bleibt einem aber noch immer die Möglichkeit, den Film an sich anzuschauen, was ich dringend empfehle. Wer weiß, wie lange wir noch solche Filme - Ausgestoßene, Gefloppte, Ambitionierte, Gewagte, Kinoliebende - noch haben werden.

Donnerstag, 23. Januar 2014

"I, FRANKENSTEIN" (2014) Review




Willkommen in der Hölle: ultra-standardisiertes Monsteraction-Kino aus der Underworld-Ecke, derartig seelenlos (was man dem Creature-Protagonisten gefühlte 100mal vorwirft) und austauschbar, sowohl in seiner scheinbar per Lückentext abgearbeiteten Storyline und Dialogarmut (soll nicht heißen, dass es zu wenig Dialoge gibt, sondern hauptsächlich langweiligste 08/15-Oneliner wie 'Fahr zur Hölle, Dämon', 'Es endet heute Nacht' und 'Ich bin ein Dämonenprinz, hahaha!'), als auch in seinem einschläfernd-gedimmten Look (den es auch in noch schlimmer mit 3D gibt) vereint mit einem beliebigen Instant-Tension-Soundtrack, der an sich auch GEMA-frei sein könnte.

Ein einziger, großer Haufen Matsch, mit reichlich CGI-Kämpfen zwischen ca. 5 klobig-einfallslosen Sets. Schneiden da die Charaktere besser ab? Natürlich nicht. Die arbeiten genauso lasch mit biedersten Klischees, lustlos abgefertigten, Exposition-erfüllenden Phrasen en masse, besitzen keine dramatische Fallhöhe und versauern machtlos im zwecklos-vorhersehbaren Narrativ. Und glaubt nicht, dass man sich das ganze Charisma für die Kreatur des Frankensteins, hier Adam genannt, aufgehoben hätte. Grimmig schaut er drein, schindet mit dramatischen Zeitlupen Eindruck, obwohl er nicht mal irgendwas Außergewöhnliches oder Bedrohliches an sich hat - ist nicht mehr als ein normaler Typ mit einigen Narben und Eyeliner im Gesicht. Hätte sich Eckhart wenigstens vorher noch ein bisschen aufgepumpt, könnte man seine Präsenz und auch seine Stärke (schließlich scheint sein zusammengefrickelter Menschenkörper unzerstörbar, wie Stahl zu sein) einigermaßen nachvollziehen.

So allerdings bleibt er durchweg genauso seelenlos, wie ihn jeder andere seelenlose Charakter im Film nennt und setzt damit den ernüchternden Grundton für I, FRANKENSTEIN, welcher ebenso lustlos und ohne jede Ambition in die Welt gesetzt wurde, ausschließlich den Durchschnitt bedienen soll und sich darüber hinaus nichts Inspiriertes leisten möchte, dafür aber dennoch mehrere Millionen Dollar verschwendet. Die Frage, die für Leute bleibt, welche so eine Misere schon vom ersten Trailer an voraussahen, ob der Film zumindest in Sachen unfreiwilligen Humor noch was zu bieten hätte, kann ich nur insofern beantworten, dass man sich durchaus über die 'Nobody gave a shit'-Attitüde der filmischen Gestaltung mockieren kann sowie über einige ausgewählte Simpelst-Sätze, aber ansonsten ziemlich wenig Raum zur Unterhaltung offen hat und wahrscheinlich nach dem ersten Viertel abschalten will.

Wer aber bis zum Ende durchhält, erhält nichts weiteres als eine erschreckend-uninteressierte Verwässerung des Frankenstein-Mythos, der mit blassen, dem 'heiligen Kampf' verpflichteten, Gargoyles gegen Vampir-ähnliche Dämonen (mit dusseligen Gummimasken) antritt, als ob ein Computer das ausschließlich zweckmäßige Drehbuch entwickelt hätte (welches sich natürlich auch noch eine Fortsetzung offen hält). Im Endeffekt ist dieser Film zwar recht harmlos (sowieso komplett bissfrei) und wird innerhalb kürzester Zeit sicherlich wieder vergessen, als der Tax-Write-Off, der er vom Anbeginn der Konzeption bereits war (und an dem sich bedenklich viele Studios beteiligten). Aber auch das hebt seine bis zum Himmel stinkende Überflüssigkeit kein Stück auf. Naja, hat man was Anderes erwartet, mitten im Dumping-Monat Januar?

2/10

Donnerstag, 16. Januar 2014

"STRASSENBEKANNTSCHAFTEN AUF ST. PAULI" (1968) Review




Trotz anlockendem Titel ein recht ernüchternd-manierlicher St. Pauli-Krimi, der im Vergleich zum Rolf-Olsen & Ernst-Hofbauer-Output keine Energie und Lust für die Darstellung der verruchten, sexy Unterwelt aufbringen möchte. Stattdessen erleben wir die Ausbeutung eines 18-jährigen Mädels, das immer tiefer in die Spirale der Gauner-Tristesse gerät, wovon ihre blass-steife, doch im Auge des Films richtig liegende Mutti von der Sitte sie ja auch durchweg warnt: Es fängt mit dem Rauchen und Bikinis an, da sind Mord und Misshandlung nicht weit.


So hebt sich dann der erzkonservative Moralfinger in überschwängliche Höhen und lässt folglich nicht mal zu, dass man als Zuschauer überhaupt was besonders Aufregendes zu sehen bekommt: die Brüste bleiben meist verdeckt und bei den Shootouts geht keiner drauf. Klar, die Gangster quatschen alle halbwegs zynisch-unmoralisch daher und pflegen einen backpfiffigen Umgang mit Frauen (die natürlich allesamt als absolut wehrlos dargestellt werden), aber eine richtige Bedrohung wird nie draus gemacht.

Paart man das alles noch mit der durchweg lieblos-schablonenhaften Charakterzeichnung aller Figuren: schon macht sich der Film furchtbar langweilig - Schade. Ich kann ja verstehen, dass die Unterwelt keinesfalls ein Zuckerschlecken ist und man diese als solche ruhig mal derbe darstellen kann. So wie dieser Film aber Sexualität strengstens dämonisiert und abendländischen Anstand propagiert, anstatt für irgendwas tatsächlich Verständnis aufzubringen, wenn er sich schon ernsthaft und ehrlich mit dem Thema befassen will - tja das entbehrt jeder Sympathie für das Milieu, wirkt unangenehm-hasserfüllt, starrköpfig-feige und geht mir voll auf den Wecker.


Wundert mich aber kaum, dass der Streifen keinerlei Bock hat, den Sex mit offenen Armen zu empfangen. Schließlich machte sich Regisseur Werner Klingler (sein letzter Film hier übrigens) nach einer langen Karriere als internationaler Schauspieler schon bei den Nazis einen Namen, u.a. indem er den Propagandafilm 'Wetterleuchten um Barbara' (1941) inszenierte und Goebbels anti-englischen 'Titanic' (1943) zuende drehte, nachdem der Originalregisseur Herbert Selpin wegen negativer Äußerungen zur Wehrmacht verhaftet wurde und sodann im Gefängnis 'Selbstmord' beging.

In der Nachkriegszeit profilierte er sich sodann mit Filmen wie 'Razzia' (1947), 'Spion für Deutschland' (1956) und 'Blitzmädels an die Front' (1958), den das Lexikon des internationalen Films als „politisch und moralisch fragwürdigen Kriegsfilm in vorgeblich dokumentarischem Stil.“ bezeichnet. Ich glaube, solche Titel sprechen für sich und sein Bild von 'St. Pauli' passt da ganz gut rein: spießig-mutloser Vorsichts-Mief.

Ein paar positive Aspekte zum Film möchte ich aber auch nicht vorenthalten: so bekommen wir in der Hauptrolle niemand geringeren als Synchronlegende Rainer Brandt zu sehen, der als schmieriger Erpresser-Fotograf und Kollegenschwein immer absolut herrlich zwischen charmantem Nice-Guy-Talk und knallharter Räuden-Schnauze hin- und herpendeln kann, während er eine kaum wiedererkennbare Dagmar Lassander als Spielball krimineller Machenschaften im verdorbenen Puff-Jargon umherschiebt - wer da nicht spurt, wird gewürgt. Wenn der Film einen distanzierteren Unterhaltungsfaktor innehätte und moralische Objektivität/Ambivalenz versuchen/vortäuschen könnte (wie eben Olsen oder Hofbauer), würde seine Performance fast schon richtig Spaß machen. In diesem biederen Kontext bleibt er letztendlich aber nur der klischeehafte Böse von der Stange.

 
Positiv hervorzuheben wäre allerdings noch Jürgen Feindts Rolle des homosexuellen Puff-Arbeiters Jensen, der zwar mit diffamierenden Ausdrücken zugeschüttet wird, allerdings nie homophobe Klischees an den Tag legt und sogar, als einer der wenigen verdient rechtschaffenen Figuren des Films, der Polizei bei der Lösung des Falls helfen will, nachdem sein Chef Radebach (Reinhard Kolldehoff) umgebracht wurde, da er dadurch "einen guten Freund verloren" hat. Dass er am Ende trotzdem abgeschossen wird, ist dann zwar auch irgendwo bitter, aber immerhin wurde er da von den Bösen umgebracht - der Beigeschmack dieser ultimativen "hättest dich mal lieber nicht mit dem Gesindel eingelassen - das ist nun deine Strafe"-Mentalität schlägt mir dennoch irgendwie echt sauer auf.

 
Im Endeffekt bleibt 'Straßenbekanntschaften auf St. Pauli' ein zweckmäßiger, routinierter Krimi (einen Krimi-Reißer würde ich den nämlich nicht nennen, so verschnarcht er sich durch das hier besonders verurteilend wirkende Schwarz & Weiß bewegt), der zwar einigermaßen schickes Lokalkolorit und eine halbwegs aufregende Darsteller-Belegschaft vorzuweisen hat, aber nichts Packenderes damit anzufangen weiß, als sich im kleinbürgerlichen Angst-vor-der-Unterwelt-Konservativen-Mief zurechtzufinden. Und das im Entstehungsjahr 1968. Da steht der Film wohl ganz klar NICHT auf der Seite der gesellschaftlichen 'Revolution', erst recht was den Sex betrifft. Zum Kotzen.