Freitag, 28. Juni 2013

Die übertriebene Kontroverse um das Ende von MAN OF STEEL (!!!MASSIVE SPOILER!!!)




Knapp 1 Woche nach Kinostart in Deutschland und 2 Wochen nach US-Start spaltet der neue Superheldenfilm von Zack Snyder, "MAN OF STEEL", noch immer die Gemüter. Offenbar nehmen viele Superman-Fans (u.a. "Superman-Birthright"-Autor Mark Weid) Anstoß daran, dass wohl nicht oft genug gezeigt wird, wie Superman Menschen rettet, aber auch weil in seinem finalen Kampf gegen Zod mehrere Gebäude einstürzen und er dem Zod als letzte Lösung - in Anbetracht dessen, dass der kurz davor steht, noch mehr Menschen mit seinen Laseraugen zu rösten und allgemein einfach alle umbringen will (denn aufhalten kann ihn ja eh keiner) - das Genick bricht. Beim Anschauen des Films hatte ich damit alles andere als ein Problem. Ich fand, dass Superman im Interesse der Menschheit und in großer Dringlichkeit gerechtfertigt gehandelt hat (zudem ist es lediglich ein Film und nicht die Realität). Als ich dann aber zahlreiche Artikel auf amerikanischen Websites vernahm, in denen gerade das als ultimativer Moodkiller und Verrat am Charakter hingestellt wird, hab ich mich dann doch mal mit dieser Kritik befasst und möchte gerne ein paar Gegenargumente liefern.



Die goldene Regel besagt offenbar: Superman tötet nicht!

Das öffentliche Bild der Jahrzehnte-alten Ikone stellt ihn als einen Beschützer der Menschheit da, der mit seinen übermenschlichen Kräften einfach alle Bösen besiegen und jedes Problem bewältigen kann. Töten kommt dabei für ihn gar nicht in Frage, stellt höchstens die Ausnahme dar. Viele vergessen aber, dass er u.a. in seiner populärsten Inkarnation, der Christopher Reeve-Film-Version, auch ein paar Leichen im Keller hat. Nicht nur besiegt er den bösen Nuclear Man in SUPERMAN IV, indem er ihn in den Reaktor eines Atomkraftwerkes hineinschleudert, in SUPERMAN 2 - dem allgemein beliebtesten Film der Reihe - beraubt er am Ende der Zod-Gang ihrer übermenschlichen Kräfte und wirft sie allesamt eine tiefe Schlucht runter, auf dass sie nie wieder gesehen wurden (=tot). Die Paraleelen zu MAN OF STEEL sind unüberschaubar, doch wird der Sachverhalt in beiden Filmen wie folgt unterschiedlich behandelt:

In SUPERMAN 2 kommen General Zod und seine 2 Mitstreiter auf die Erde, um diese aus purer Machtgier zu unterjochen, die Menschheit zu versklaven. Sobald sich Ihnen aber unser Kal-El in den Weg stellt, entbrennt in Metropolis ein destruktiver Kampf zwischen beiden Parteien, der mehrere eingestürzte Gebäude (und die Freiheitsstatue im Donner-Cut), kaputte Autos & Busse fordert und viele viele Menschen in Gefahr bringt, die Superman so gut es geht zu beschützen versucht. Als er scheinbar überfordert in die Arktis zu seiner Festung der Einsamkeit flieht und ihm die Schergen hinterherjagen, trickst er diese mithilfe kryptonischer Entmachtungstechnologie aus und entledigt sich ihnen leichthändig mordend, mit seinem typisch-sympathischen Grinsen auf den Lippen. Selbst Lois Lane hilft mit und kickt Zod's Ursa auch in den Tod hinunter. Alles zum heroischen Theme von John Williams, ein weiterer Sieg für Superman!

In MAN OF STEEL wiederum kommen General Zod und ein paar mehr Mitstreiter auf die Erde, um sie mit einem Weltenwandler in eine apokalyptische Wüste zu verwandeln und jeden Menschen von ihr zu tilgen, um Platz zu schaffen für einen Wiederaufbau des Volk Krypton's. In der ersten Attacke des Weltenwandlers in Metropolis sterben schon Hunderttausende von Menschen. Kal-El's einzige Chance, dem Einhalt zu gebieten, ist den Gegenpol des Weltenwandlers am anderen Ende der Erde, am indischen Ozean, zu zerstören, um die Strömung dessen "Terraforming's" aufzuhalten. Er schafft es und fliegt zurück nach Metropolis, um Zod endgültig das Handwerk zu legen (nachdem Lois Lane und Co. schon den Weltenwandler-Pol dort in die Luft gejagt haben bzw. in die Phantom-Zone reinsaugen). Doch der gibt nicht so leicht auf und liefert sich ein bombastisches Gefecht mit Superman inmitten der vielen Trümmer und verbliebenen Gebäude Metropolis', bereit bis zum Tod zu kämpfen (auch weil Superman quasi die letzten Überlebenden Krypton's zum Ziel Zods, dem Wiederaufbau Krypton's, ausgelöscht hat), koste es was es wolle. Schließlich landen beide in einer Bahnstation, wo einige flüchtende Einwohner im Angesicht dieser kämpfenden Ausserirdischen um ihr Leben bangen. Zod sieht diese und setzt mit seinen Laseraugen an, diese zu töten, droht Kal-El, der ihn nur schwer im Schwitzkasten halten kann, die gesamte Menschheit umzubringen. Superman appeliert lautstark, dass er aufhören soll, doch Zod hört nicht auf ihn und ist kurz davor, die Leute zu grillen. Also fasst Kal-El den Entschluss, ihm das Genick zu brechen. Daraufhin bricht er selbst zusammen und stößt einen markerschütternden, gequälten Schrei aus - nicht nur, weil er gezwungen war, zu töten (und der Kampf wohl extrem angestrengt haben müsste, immerhin war es ja so ziemlich sein Erster), sondern auch weil er quasi die ganze verbliebene Gesellschaft seines Heimatplaneten (abgesehen von sich selbst und denen, die in der Phantomzone abgeblieben sind) - dessen Ursprünge er sein ganzes Leben lang zur Selbsterkenntnis auf den Grund gehen wollte, seiner Adoptivheimat Erde aber nur Pein und Zerstörung brachte - auslöscht. Lois Lane steht dem niedergeschlagenen Helden dann aber zur Seite, in der Gewissheit, dass er mit dieser Tat Milliarden Menschen vor dem Tod durch ein bösartiges Hyperalien gerettet hat.

Klingt düster und moralisch etwas vielschichtig, oder? Für viele Fans ist das offenbar Anlass zur Kritik, haben sie doch erwartet, dass IHR Superman als Ultrahero unfehlbar wäre, alles perfekt handhabt und immer einen entlastenden Spruch zum Besten gibt. Das macht natürlich auch den Charme der ursprünglichen Figur aus, muss aber nicht unbedingt mit der Neuinterpretation, dem Reboot Snyder's einhergehen, der mit seinem MAN OF STEEL erzählen will, WIE Kal-El zum Superman wird, für welche Seite er sich schlussendlich entscheidet, nachdem er sein Leben lang als Aussenseiter mit Superkräften seinen Platz in der Welt suchte. Da hat er schonmal Anlaufschwierigkeiten und steht auch zum ersten Mal einem Feind gegenüber, bei dem er erstmals richtig kämpfen muss. Und nunja, da gehen im Gefecht nun mal ein paar Gebäude drauf - in einer Stadt, die nach stundenlanger Attacke wohl größtenteils evakuiert wurde, die letzten Verbliebenen noch versuchen aus der Stadt zu entkommen (Bahnstation, ne). Wir sehen auch nie, das noch irgendjemand in den Gebäuden ist - da der Film uns das nicht zeigt, dürfen wir als Zuschauer davon auch ausgehen. Dann bringen die Fans aber das Argument, dass Superman auch hätte versuchen können, den Kampf ausserhalb der Stadt zu verlagern - eine Forderung, die wohl einerseits dem visuellen Verlangen Snyder's nach Blockbuster-förderlichem Bombast kaum gerecht werden dürfte, aber auch andererseits vergisst, dass Superman es zwischenzeitlich TATSÄCHLICH MACHT, mit Zod kurz im Weltall fightet, bevor dieser ihn dann wieder unten nach Metropolis zwingt. Und kein Wunder, dass Superman Schwierigkeiten hat, gegen Zod zu kämpfen. Der ist ja auch ein primitives Krieger-Alien mit Jahrzehnte-langer Erfahrung und Kal-El ein Grünschnabel mit humanistischen Idealen, der auf der Erde grossgezogen wurde. Wie kaum ein anderer Film dieses Jahr macht MAN OF STEEL deutlich, wer gut und wer böse ist. Und der Böse ist in diesem Fall so rabiat und blind vor Egomanie, dass der Held an seine Grenzen gebracht wird und einen für sich selbst ziemlich bitteren Schlusspunkt auf deren Kampf setzt. So eine Storyentwicklung erfordert Mut und überrascht umso mehr, dass Produzent und Storylieferant Christopher Nolan, der ja für seine grimmigen Batman-Filme mit ebenso harten Moralfragen bekannt ist, dieses Ende nie vorgesehen hatte (ursprünglich sollte Zod wieder in die Phantomzone verbannt werden). Aber so oder so haben die "Fans" wie schon bei THE DARK KNIGHT RISES wieder etwas zum Meckern gefunden, was sie anderen Filmen wiederum entschuldigen (der Mord an Zod in SUPERMAN 2 zum Beispiel). So bemängeln sie alleine schon die durchweg düstere Stimmung des Films, sowie dessen gigantischen Ausmaß an Zerstörung, die dieses Ende sogar noch mehr unterstüzen. Man kann es ihnen offenbar einfach nicht recht machen, selbst wenn Superman den ganzen Streifen über darüber sinniert, ob er seine Kräfte der Welt preisgeben soll, um den Menschen zu helfen und es schlussendlich auch on-camera tut.

Wenn's ihnen nicht reicht, schade drum. Ich jedenfalls habe einen großen, wenn auch nicht ganz fehlerfreien Film erlebt (wie ich letztens in meinem Review geäußert habe), der sich mit seinen ambitionierten Ecken und Kanten noch Wochen später in meinem Kopf festgesetzt hat. Get over it, people! Und nebenbei, fragen wir doch einfach Zack Snyder selbst: http://www.joblo.com/movie-news/zack-snyder-addresses-the-controversial-ending-of-man-of-steel-and-why-he-feels-it-worked

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