In letzter Zeit treffe ich desöfteren Filme an, die einen Anspruch haben, historische Tatsachen und Personen glaubwürdig zu beleuchten, ob nun im dramatisierten oder pseudo-dokumentarischen Rahmen, und bei mir absolut nicht ankommen, sogar anwidern - sei es durch grobe, geschichtliche Verfälschung, allzu überborderndes Befangenheitsgedöse, ekligste Propaganda oder einfach nur vollends misslungene Inszenierungen.
Ich denke mal, es lag an der prägenden Erfahrung mit dem 'TEUFELSGEIGER', dass ich nun wieder verstärkt hinter die manipulativen Erzählstrukturen und Aussagen jener Filme blicke, von daher hab ich mich entschlossen, diese an weiteren, schwierigen Beispielen zu beleuchten und darzulegen - wobei ich natürlich auch bei einem der 'Urväter' solcher Filme vorbeischaue, Veit Harlan.
Bevor ich noch mehr vorwegnehme, hier nun die an sich schon ausreichend aussagekräftigen Einzelbesprechungen, wie immer mit altbekannten polemisch-süffisanten Touch:
GEORGE - Allein vom Grundkonzept ist dieses apologetische Portrait komplett
unmöglich - da schneidet man affektierte Interviews mit den beiden
George-Söhnen Götz und Jan (sowie anderen Zeitzeugen) über ihren
umstrittenen Vater mit immens spekulativen Spielfilmszenen zusammen, in
denen Götz den Heinrich sogar spielt (einen befangeneren Darsteller
hätte man dafür nicht wählen können) - schlicht als unpolitischen
Unschuldigen, der einfach nur unter allen Umständen für seine Kunst
leben wollte UND natürlich auch noch den Verfolgten half, während die
russischen Besatzer als klischeehafte Antagonisten ihm alles vermiesen
wollten.
Wie objektiv sowas im Endeffekt ist, kann man sich wohl vorstellen:
kein Stück. Das riecht man schon nach wenigen Minuten, so
schrecklich-emotionalisierend es sich an die Gunst und Sympathie des
Zuschauers anbiedern will. Natürlich hatten die Söhne den größten
Einblick in das Wesen ihres Vaters. Und das der Mensch George sicherlich
jenseits von eindeutigen Kategorien wie Schwarz & Weiß oder Gut
& Böse war, wie auch andere Mitglieder des wirkenden Talents im
dritten Reich, kann man ja einigermaßen nachvollziehen.
Aber wie solche Aspekte in eben diesen platt-dramatisierten Narrativ
umgesetzt werden, ist einfach so unfassbar einseitig, frei von jeder
Kritik und penetrant reinwaschend, dass der Film als demonstrative
Helden-/Märtyrersage mit pathetischer Musikuntermalung im Endeffekt
stets unglaubwürdig wirkt, den Zuschauer zum naiven Narren hält - und
das, obwohl man inzwischen von endlos vielen Seiten bewiesenermaßen
gehört hat, wie Goebbels die verbliebenen Filmschaffenden im Dritten
Reich erpresserisch-gewaltandrohend zu den schlimmsten Werken zwang,
wenn sie überhaupt arbeiten wollten.
Es entwickelt sich ein zwielichtiger Grundtenor in diesem mittelmäßig
budgierten und handwerklich uninspirierten Dokudrama, welches
einerseits für sich beansprucht, ein objektives Bild vom Schauspieler zu
liefern, aber andererseits ausschließlich auf sentimentale Szenarien
zurückgreift, die suggerieren sollen: 'Schaut her, der war immer
DAGEGEN!', 'Die Nazis haben ihn reingelegt!' und 'Der hat den Armen
geholfen!' (jene 'Arme' in den Sowjetlagern waren u.a. Kriegsverbrecher,
was der Film ja verschweigt), damit die George-Söhne die Ehre ihres
Vaters als Opfer seiner Zeit ja aufrechterhalten, die Mitschuld
absprechen können. Da ist Regisseur Joachim Lang nicht mehr als eine
faule Marionette, die sich ihrem Subjekt von Grund auf ergeben hat und,
wie ein alter Propagandafilm aus jener Zeit, den hinterfotzigen
Rehabilitierungsauftrag der Georges ausführt.
'- Er war ein Faschist?
- Er war ein Schauspieler!'
Herrje...
Da empfehle ich eher die undramatisierte Dokumentation 'DIE MACHT DER
BILDER' über Leni Riefenstahl für eine objektivere, kritischere
Sichtweise jener Umstände.
ALI - Ich hatte fortwährend das Gefühl, dass Michael Mann nicht genau
wusste, was er mit dem Thema anfangen sollte, wodurch er viele Sequenzen
einfach unbeholfen zusammenklatschte und innerlich zerfahren wirkte.
Der erstrebte Spannungsbogen dahin, Cassius Clay zur inspirierenden
Ikone der Schwarzen in aller Welt, Muhammad Ali, zu machen, wird zwar
dringlich, aber höchstens oberflächlich behandelt, wie der Charakter
selbst - man hätte zudem als Zuschauer fast keinen direkten Bezugspunkt
dazu, wenn der Soundtrack nicht jeden möglichen Augenblick eine
Gospel-artige Emotionalisierung versuchen würde (was ja irgendwo auch
nach hinten losgeht).
Ich will nicht sagen, dass man den Film nicht komplett nachvollziehen
kann, da sagen die Handlungen Ali's schon mehr als ellenlange
Erklärungen seiner Erziehung oder sonstwas - die Charakterzeichnung wird
im Verlauf aufgebaut - und auch seine Boxkämpfe sind wirklich
ansprechend und energiegeladen gestaltet. Was man in den 2 1/2 Stunden
Laufzeit allerdings als Zuschauer wirklich mitnehmen soll, wird niemals
klar, man kann den wahren Sinn hinter allem nur schwer nachvollziehen.
Im Endeffekt wirkt ALI auch zu vollgestopft mit (repetetiven) Sequenzen
& Informationen über die wahren Ereignisse und Persönlichkeiten und
findet keine klare Linie, macht leider einen belanglosen Eindruck.
Weniger wäre mehr gewesen, um einen konzentrierteren Einblick in das
Wesen von Muhammad Ali zu gewinnen. Authenzität bringt da nichts auf den
Tisch, wenn man sich nicht im Vornherein klar wird, wie man mit ihr
eine packende Geschichte erzählen kann. Da hat Mann den
Prä-Produktionsprozess einfach zu fix vorangetrieben, erschien ALI doch
schon 2 Jahre nach THE INSIDER, welcher als autobiographische Geschichte
weitaus länger in der Vorbereitung steckte und im Endeffekt einfach
zig-mal besser und engagierter wirkt.
Wirklich ernüchterndes und bemühtes Biopic-Epos.
W. - Im Gesamteindruck bewusst spekulative und cartoonhafte Biopic-Komödie
über den dummdödeligen Hillbilly-Präsidenten George W. Bush und seine
dekadente, unfähig-selbstgefällige Crew. Ist es damit auch das
akkurateste Porträt des extrem umstrittenen 9/11-Politikers? Oder doch
nur die überlange Variante eines hyperplatten SNL- oder MAD-TV-Sketches,
dessen hingeschluderter und zweckmäßiger Inszenierungs-Stil stilecht
von Oliver Stone übernommen wurde?
Die Frage, die mich aber schon länger beschäftigt: Ist politische
Satire überhaupt witzig oder einfach nur 'clever' darin, nicht mehr als
das Offensichtliche einfach bemüht-grotesk darzustellen? In kleinen,
aktuellen bzw. relevanten Dosen finde ich sie mitunter noch erträglich,
aber sobald ich anfange, eine Jahrzehnte-übergreifende Chronik der
Satirezeitschrift TITANIC zu lesen, lege ich das Ding nach 30 Seiten zur
Seite und fasse es nie wieder an.
Das dachte sich wohl auch Stone und versucht ab und an halbwegs, die
Witzfigur Bush als problemgeplagten, naiven 'Underarchiever' mit
Daddy-Komplex und 'Born Again'-Narrativ zu humanisieren. Wer diesen
ganzen gefühlsduseligen Schlock ernst nimmt, ist nicht zu helfen,
jedenfalls scheint sich Stone dennoch um ein bisschen
Einfühlungsvermögen und Objektivität zu bemühen. Im Endeffekt strahlt
der in die Jahre gekommene Holzhammer-Polittrottel Olli aber einen
durchweg ambivalenten und unbeholfen-gestreckt aneinandergespuckten
Knallchargen-Quatsch aus, der die durchaus ernsten, brachialen
Handlungen der Bush-Ära als chaotisches Was-auch-immer-Machtspiel
trivialisiert, während er gerade in solchen Momente den dramatischen
Ernst der Situation vorpredigen will.
Und so wird auch seine Satire irgendwann so dröge, überraschungsfrei
und zerfahren platt, dass man schon nach gut einer Stunde keine rechte
Lust mehr auf dieses plakative Prozedere hat - sich selbst schon dabei
zuzuschauen glaubt, sich wie bei der TITANIC-Chronik halbherzig durch
das Geschehen schlagen zu müssen. Das Einzige, was einem dabei noch
helfen kann, ist mit der Figur des W. kurzzeitig zu sympathisieren - was
man ehrlich gesagt mit Politikern am besten nie machen sollte, aber im
Kontext eines dramaturgisch aufgebauten und überzeichneten Spielfilms
durchaus mal legitim ist, wenn man auch selber nicht mit jener Politik
übereinstimmt.
So kann man dann die ein oder andere, unterhaltsame Montage des sich
langsam machenden Dabbeljuh gut über sich ergehen lassen, im Endeffekt
bleibt aber die ernüchternde Erkenntnis, dass seine Person im Angesicht
seiner primitiv-unbeholfenen, fürchterlich-unbedachten und bis zum
heutigen Tage spürbar-destruktiven Entscheidungen viel zu gut wegkommt,
ihn als gutgläubiges Opfer politischer Intrigen zeichnet (Unwissenheit
schützt vor Strafe nicht, wie wir alle wissen). Aber was beschwere ich
mich auch, ich habe vom Oberflächen-befriedigten Stone nichts anderes
erwartet. Und sein 'W' erzählt einem nichts, was man nicht schon vor
2008 wusste oder selbst zusammenreimen konnte.
Wie mit Hitler, dem 2. Weltkrieg, der DDR und anderen
Historien-Rekreationen scheinen wir uns mit diesem kontemporären
Äquivalent als cineastische 'Heldensage' wieder nur nochmals selbst
belehren zu wollen, was wir schon längst ideologisch verinnerlicht
haben, egal auf welcher Seite wir stehen. Nun denn, immerhin kann man
hier einige wunderbar-dämliche Gags vom karikaturenhaften
Faschings-Ensemble (inkl. Bush's berühmtester Blödi-Catchphrases) mit
davon nehmen. Oder auch sogar mit dem Präsidenten der Fett-verstopften
Honkeytonk-Herzen per du gehen, wenn man überhaupt die Probleme der
oberen 10.000 nachvollziehen möchte :P
WORLD TRADE CENTER - Ohje, ohje...Was habe ich nur erwartet? Andere, wichtigere Frage: Wie
eklig ist Oliver Stone bitte? Welch eine schamlose, einem
TV-Katastrophenevent-ähnlich platt-dramatisierte und
peinlich-formelhafte Affekt-Ausbeutung der Tragödie (inkl. einem
Stars-verbratendem Figurengefüge alà Emmerich) sowie manipulative
Verwendung ihrer traumatisierenden Bilder unter dem Popcorn-gerechten
Deckmantel eines pathetisch-schwülstigen Helden-Denkmals (mit
Gedenktafel vor dem Abspann).
Arbeitet sodann beständig-kitschig auf eine metaphorische
Siegeshaltung für die westliche (bzw. amerikanische) Kultur und den
Familienzusammenhalt hin, die als Bewältigungs-Phrasendrescherei in
ihrer ideologischen Verblendung sogar an Vorbehaltsfilme wie 'Kolberg'
herankommt - die weitaus größere Dimension der problematischen
Polit-Ursprünge aussen vor lässt, dem ollen Bush quasi in die Hände
spielt, seine anstehende 'Rache' jovial rechtfertigt, dessen brachiale
Konsequenzen ausklammert und einen austauschbaren, plakativ-schludrigen
Distasterschlock von der Stange für den Mittelstand aufdrängt, ohne jede
inszenatorische Geschicklichkeit.
Z.B.: Nic Cage, unter Schutt begraben, mit Michael Peña an seiner
Seite: '8-13, this is McLoughlin, PAPD. Officer Jimeno requests his
daughter be named Olivia. Officer Jimeno would like his wife Allison to
know he loves her...'
NNNNNNNNNNEEEEEEEEEIIIIIIIIINNNNNNNNNNNNNNNNNN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Hauptsache alles sieht nach suburbanen, eindimensionalen und
verharmlosenden Hochglanz aus (u.a. die David-Hamilton-Flashbacks von
Jimeno's Familie, zu deren Haushalt hier öfters zwecklos hingeschnitten
wird) und lässt jeden für die gute Sache pflichtbewusst und
unreflektiert mithelfen - sogar überleben, wenn er nur mit vollster
Hingabe zu Gott betet und DURCHHÄLT. Dann kommen einem
bedeutungsschwangere Zeitlupen, ätherische Jesus-&-Ehefrau-Visionen
und die aufopferungsvollen Marines zur Hilfe. Schließlich sind 2
Überlebende Grund genug zum Feiern, während man die komplette Zerstörung
sowie tausende von Toten & Vermissten um einen herum vergisst und
endlich wieder lecker Hotdogs an selber Stelle essen kann.
"9/11 showed us what human beings are capable of. The evil, yeah,
sure. But it also brought out the goodness we forgot could exist. People
taking care of each other for no other reason than it was the right
thing to do. It's important for us to talk about that good, to remember.
'Cause I saw all of it that day."
oO
P.S.: Interessant und im Rückblick irrwitzig-befremdlich ist hier
übrigens der Auftritt von Michael Shannon als Mann Gottes, der sich als
re-aktiver Marine die Mission setzt, Menschen vor Ort zu retten. Dieses
Jahr hat er in der Semi-9/11-Allegorie MAN OF STEEL ja eben so einen
ähnlichen Charakter mit vollstem Herzen bekämpft!
DER GROSSE KÖNIG - Krieg als theatralischer, verherrlichender Kostümfilm unter
unkritischem und zudem grob-verfälschtem, historischen Deckmantel -
episch in seiner Goebbels-befriedigenden Aufmachung mit bis zum Horizont
gefüllten Massenszenen und Schlachtliedern, oberflächlich-naiv in
seiner rücksichtslos-volkstümlichen Hau-Drauf-Motivation als
patriotisches Heldentum gegen die listigen Feinde Deutschlands, deren
angebotener Frieden keine Option ist und sowieso nur Heuchlerei sein
kann.
Hauptsache man muss keine echten Schmerzen, sondern ausschließlich
Märtyrer zeigen - sowieso wird lieber ausgelassen berlinert und
vom-Schicksal-auserkoren-erfolgreich auf Durchhalteparolen gesetzt,
während die Bomben auf den Feind regnen und der Studioschnee sich
heiligsprechend auf die Schultern des erhaben-gnädigen Königs legt.
Zwischendurch kämpft sich eine provinzielle Kristina Söderbaum zudem
durch eine melodramatische Liebesgeschichte mit einem Feldwebel, damit
auch das weibliche Publikum was zu sehen hat - eine Formel, die bis
heute im belanglosen Kriegskitschgenre überlebt hat.
Schauspielerisch mit übergroßen Gesten und kriegerischem Gebrüll
agierend, bleibt auch jede Glaubwürdigkeit vor blinder Extatik und
bedeutungsschwangerer Vaterland-Dramatik im starrköpfigen Boden stecken.
Gestalterisch übrigens wiederum von erlesener, kurzweiliger und
effektiver Note, wie jede große Schicksalspropaganda, inkl. bornierter
Wiederaufbau-Symbolik im pathetischen Finale, die jedes im Kampf
gefallene Opfer mit weitbewachsenen Feldern, monotlithischen
Untersicht-Mühlen und einem sonnigen Himmel rechtfertigen will - Blut
& Boden sind rein geblieben.
Beinahe reuelose Verblendung der Mittel zum Zweck, eine
augenscheinlich zum Scheitern verurteilte Ideologie, die bei der
damaligen Reichsleitung wohl niemand einsehen wollte, sich geradewegs
von fehlgeleiteter Überzeugung abgestumpft ins Verderben stürzte. DER
GROSSE KÖNIG ist die filmgewordene Manifestation dieser
unbedacht-arroganten, siegessicheren Herrschaftsfantasienwulst - ein
bezeichnendes Mahnmal für kommende Generationen, anders aber als es sich
Goebbels & Harlan ursprünglich gedacht hatten.
DAS UNSTERBLICHE HERZ - Ein kurzweilig-prunkvolles Historien-Moralstück über den
unaufhaltbaren Drang nach Weltenerkundung und fortschrittlichem
Erfindertum im Angesicht von Kleinbürgerlichkeit, altehrwürdigem
Christentum und komplizierter Liebschaften. Jeder spielt in purer Manie,
mit schlagfertig-frechem Wortwitz, der Schnitt kommt deren Energie
beinahe gar nicht hinterher - es kracht und zischt ohne Unterlass,
selbst wenn Heinrich George's Taschenuhr-Erfinder-Peter Henlein eine
Kugel im Leibe steckt.
Doch wie es sich für einen Veit-Harlan-Film so gehört, muss eine
Menschengruppe wieder zugunsten einer propagandistischen Absicht
lächerlich gemacht/difammiert werden: hier werden wie in seinem 'JUGEND'
Christen & Pfaffen zum Gag, grundlos-fiesen Antagonisten und
'Scheißkerl' dekradiert - was zur antiklerikalen Haltung der Nazi-Zeit
ja durchaus legitim war und hier wieder im stetigen Handlungsverlauf
immer aufdringlicher auffallen und 'belehren' muss (heute arbeiten
Künstler wie Kevin Smith und Stephen King sowas ebenso platt in ihr Werk
ein).
Allerdings wird der Lutheranismus als Alternative zum verstaubten
Christentum durchgehend angepriesen und sogar durch eine Rekreation von
Luther's Thesen-Ans-Rathaus-Nageln inkl. Goebbels-artiger,
nationalfixierter Brüll-Ansprache verstärkt - warum? Weil in jenem
Christentum deutsch und nicht lateinisch gesprochen wird, will der Film
als essenziellen Vorteil deutlich machen - welch ein doof-gestalteter
Patriotismus.
So wird der Protagonist auch sonst als jemand gezeichnet, der für den
erstrebten, geistig-entwicklungstechnischen Höhepunkt seiner Heimat
einen Scheiß auf gesellschaftliche Konventionen gibt - zudem aber auch
die Liebesgefühle seiner Frau Ev (Kristina Söderbaum) aufgrund seiner
Bastel-Besessenheit vernachlässigt, diese ihn sogar für seine
'gottverfluchte Uhr' anschnauzt (weil sie auch um seine Gesundheit
fürchtet) und den Weiterbau dieser juristisch verhindern will. Ihrem
Gesuch wird nicht Folge geleistet, weil der Mann ja ein Lutheraner sei -
stattdessen will man ihn und seine Familie der Ketzerei beschuldigen.
Währenddessen versucht seine Frau ihn wieder zu betören und stellt
sich nackt wie Gott sie schuf vor ihn - er lacht sie nur aus und will
sich lieber wieder der Arbeit zuwenden. Dann rastet sie in bester
Söderbaum-Manier vollkommen aus, zerstört seinen Uhren-Prototyp - kalt
und starrköpfig schickt er sie davon. Der Bau der Uhr, der Fortschritt,
ist wichtiger als ihre Gefühle - ab diesem Zeitpunkt konnte ich keine
Sympathie mehr für diesen Charakter aufbringen, auch wenn seine reale
Vorlage ein durchaus nobles Anliegen verfolgte.
Schlussendlich will DAS UNSTERBLICHE HERZ auch nichts weiter als den
'Triumph des Willens' im Angesicht gesellschaftlicher, juristischer und
religiöser Hürden zelebrieren. Es ist jedoch unmöglich, die
geschichtlichen Hintergründe zur Entstehungszeit des Films auszublenden
(Statisten in Massenszenen heben sogar allesamt ihren rechten Arm zum
'Gruße') - und für eine inspirierend-eindringliche Erbauung des
Zuschauers fehlt es dem Film dann auch noch an glaubwürdiger
Ernsthaftigkeit, so ideologisch-offensichtlich-manipulativ die ganze
Geschichte und verblendet-extatisch-laberhaft seine Charaktere gestaltet
sind.
Die stetig-übergreifende, antiklerikale Propaganda-Keule, die sich
zudem auch mit handgreiflicher Gewalt im Film durchsetzen will, nervt
und versaut einen potenziell-unterhaltsamen und inspirierenden Film, den
dessen Schluss suggerieren wollte - im dritten Reich gelang das
sicherlich vollends, heute lässt das kritische Auge sowas nicht zu -
zurecht.
AFRICA ADDIO - ist weniger Dokumentation, denn erzkonservatives Pamphlet, welches
mithilfe seines Sprechers jedes historische Ereignis und jedes (teils
offensichtlich inszenierte/gefälschte) Szenario zur selben
apokalyptischen Schlussfolgerung führen lässt: Nur die weißen
Kolonialisten können Ordnung in Afrika halten - ohne ihre Führung
verkommt der Kontinent zum wilden, anarchischen Wust, inkl.
Plünderungen, sadistischen Tierverstümmelungen, illegalen Treibjagden,
rassenfanatischen Massakern, militanten Rebellen, etc. - sowohl von
schwarzen, als auch von weißen Einheimischen.
Dass die Kameras jene Ereignisse formgerecht und professionell
einfangen, ist sowieso schon bedenklich und jenseits vom Zufall. Doch
weit heftiger wiegt der Umstand, dass diese selbsternannte Dokumentation
beinahe ausschließlich in die extremsten Regionen der Auswüchse
vordringt, was sich für einen typischen, zynischen Mondo-Streifen ja
gehört, aber jegliche Hintergründe für diese Umstände ausklammert (es
wird suggeriert, dass die Einwohner geradezu grundlos Weiße hassen),
stattdessen mit Riz Ortolani's Superdramascore auf emotionalen
Stimmenfang geht.
Natürlich machen die gezeigten Bilder in ihrer schockierenden Drastik
und bitteren Gewalttätigkeit dennoch betroffen und inszenatorisch zeugt
der Film durchaus von wirkungsvoller Geschicklichkeit. Jenes dann aber
mit ulkig-vertonten Aufnahmen von Nationalparks alà 'DIE LUSTIGE WELT
DER TIERE' gegenzuschneiden, entkräftet die Eindringlichkeit des
kontroversen Sujets so sehr, dass man sich doch stark wundert, ob der
Film sich selbst noch ernst nimmt. Doch dann ziehen die Weißen natürlich
wieder ab und alle unbedarften Tiere werden unmotiviert abgeknallt - na
wenn das mal wirklich so war...
Man muss wohl über solche (aus heutiger Sicht) ideologischen
Dünnschisse hinwegsehen, um AFRICA ADDIO als Zeitdokument anerkennen zu
können, welches das Schlimmste im Menschen direkt & geradezu
ausbeuterisch auf Zelluloid bannte und den Zuschauer bis ins Mark
erschüttert. Ich persönlich hatte extreme Schwierigkeiten, mich an die
damalige Mentalität anzupassen, auch wenn Jacopetti und co. dafür ihr
Leben aufs Spiel gesetzt haben.
Mondofilme sind halt an sich von Natur aus ultrazynisches Zeugs -
drastische Bilder dokumentarisch zu zeigen, ist eine Sache. Aber in
welchen reißerischen Kontext Jacopetti sie setzt, dass der sie so als
emotionalisierte Message anbieten will und dabei auf Leichen und
Verstümmelungen zoomt, bis der Arzt kommt - das hätte man damals schon
bemängeln müssen, dass er sein Thema so pompös tragisch aufbauscht,
anstatt wirklich mal Informationen, Hintergründe und Aussagen zu
präsentieren. Ausser dem Sprecher ist da ja NIEMAND im Film im
Gespräch/Interview, da ist man ja gezwungen, dass für voll zu nehmen,
was der vor sich herlabert. Ganz, ganz schwierige Sache...
Sonntag, 17. November 2013
Problematische Historienfilme
Tag-teams:
Christian Witte,
historisches,
kontroverse,
oliver stone,
review,
skandal,
veit harlan
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